Taucheruhr statt Prestigeobjekt: Wenig mehr als zehn Prozent des Preises einer Rolex kostet die gut gemachte Victorinox Dive Pro. Foto: © Victorinox

Mit Taucheruhren verhält es sich wie mit Sportwagen. Beides wird gekauft, weil sich damit anstellen ließe, was doch nur selten geschieht. Statt auf der Rennstrecke würde ein schlichter Kleinwagen für das städtische Stop-and-go genügen; in der Business-Besprechung eine gewöhnliche Armbanduhr. Aber Menschen sind so, sie möchten etwas über sich ausdrücken oder sich belohnen. Das ist legitim und vermutlich auch gut so. Eine andere Frage ist, ob für eine gute Taucheruhr mehrere durchschnittliche Monatsgehälter ausgegeben werden müssen. Es ist nicht das erste Mal, dass wir hierauf zu sprechen kommen.

Preis und Wert

Geht es um Markenprestige, kommt man nicht an gewissen Herstellern vorbei. Deren Preisvorstellungen sind heute indes ganz andere als noch vor zwanzig oder mehr Jahren. Weit über das aufgrund von Inflation erwartbare Maß wurde in der Vergangenheit zugeschlagen. Denn Preise sind Teil der wahrgenommenen Wertigkeit respektive Begehrlichkeit und somit wichtig für die Positionierung im Markt. Wer jedoch etwa auf ein Krönchen-Logo bei zwölf Uhr verzichten kann, findet genügend Alternativen.

Eine interessante Neuheit stammt von Victorinox, traditionell bekannt für seine quasi unzerstörbaren Taschenmesser. Mit der I.N.O.X. hat man bereits seit einigen Jahren eine vergleichbar robuste „Go anywhere, do anything“-Armbanduhr im Programm. Jüngste Ergänzung ist die Victorinox Dive Pro. Ein Modell, das sozusagen aufgetaucht ist, um abzutauchen. Bis in Tiefen, die deutlich über das hinausgehen, was sich Nicht-Profis beispielshalber während ihres Malediven-Urlaubs vernünftigerweise maximal zumuten sollten. Die Wasserdichtigkeit ist mit 300 Metern angegeben.

Richtig störend ist an der Victorinox Dive Pro einzig die exotische Bandanstoßbreite von 21 Millimetern. Die bewusste Einschränkung der Auswahlmöglichkeiten für Kunden hilft Herstellern beim Abverkauf von proprietärem – und meist überteuertem – Zubehör.

Knapp daneben ist auch vorbei

Die Schnellerfassung des Zifferblattes ist bei Taucheruhren ähnlich wie bei Fliegeruhren das A und O. Die Victorinox gibt sich hier keine Blöße, trotzdem wir für die halb durchbrochenen Zeiger keinen Schönheitspreis vergeben würden. Ebenso wenig für den schraffierten Sekundenzeiger, der das Automatik-Modell von der zusätzlich angebotenen Quarzversion unterscheidet. Rolex – wie auch immer man zur Ikone steht – hat einen Standard gesetzt, von dem abzuweichen eine gestalterische Herausforderung ist, bei der es mehr zu verlieren als zu gewinnen gibt.

Bei den eingefassten Leuchtmarkierungen hielt sich Victorinox wiederum stark an das berühmte Vorbild. Seltsam subtil ist hingegen die Minuterie. Und das obwohl die Uhr insgesamt weit Tool-lastiger wirkt als das „Genfer Original“. Aufgrund der kantigen Lünette und gleichermaßen rustikal anmutenden Bandanstößen ist die Victorinox Dive Pro sicherlich weniger gut als eine Art One-Watch-Collection geeignet. Sie passt einfach wesentlich besser zum Neopren- als zum Nadelstreifenanzug.

Die dunkle Seite der Victorinox Dive Pro: Titangehäuse mit schwarzer PVD-Beschichtung. Angesichts des Durchmessers von 43 Millimetern sinnvoll: die Krone bei vier Uhr. Bei drei Uhr wird über Datum und Wochentag informiert. Bei den Quarzuhren gibt es nur eine Datumsanzeige.

Weniger ist auch bei der Victorinox Dive Pro mehr

Wo wir bei Streifen sind: Das strukturierte Zifferblatt besitzt bei den mechanischen Modellen im Zentrum ein an verschiedene Modelle von Omega, TAG Heuer und sogar Patek Philippe erinnerndes plastisches Streifendekor. Das mag auf den eigenständigen Charakter einzahlen. Für die Ablesbarkeit tut es nichts. Eher im Gegenteil. Weniger ist, was das betrifft, mehr.

Für wenig mehr als zehn Prozent des Preises einer Rolex Submariner kann man abschließend gesagt bei der Victorinox Dive Pro unbesorgt zugreifen. Man erhält eine solide Taucheruhr mit Saphirglas und ordentlichem Schweizer Sellita-Werk von der Stange. Nicht mehr, allerdings auch nicht weniger. Schlimmstenfalls entfernt man sich finanziell vom Ziel, eines Tages vielleicht jenes legendäre Modell zu besitzen, das aus gutem Grund stets mitgemeint ist, wenn über Taucheruhren gesprochen wird.

Weitere Informationen:
Victorinox AG
www.victorinox.com

Bildhinweis:
Für alle Fotos gilt: © Victorinox

 
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