Laut Werbeaussagen liest man von einer Rolex nicht die Zeit ab, sondern die Geschichte. Mögen die Uhren mit dem Krönchen-Logo auch teilweise polarisieren, unstrittig ist der entscheidende Einfluss der durch Hans Wilsdorf geschaffenen Marke auf die gesamte Uhrenindustrie im 20. Jahrhundert – und darüber hinaus. Noch heutzutage, im Zeitalter von Armband-Computern, kennt sie jedes Kind. Nur die wenigsten Menschen wissen allerdings, worauf ihr unablässig nachwirkender Ruhm und der immer weiter zunehmende wirtschaftliche Erfolg im Einzelnen gründet. Umfassend dargestellt wird das in Gisbert L. Brunners The Watch Book Rolex. Wir verraten, ob sich die Anschaffung des Coffee-Table-Bestsellers, der bei teNeues soeben in der dritten, überarbeiteten und nochmals erweiterten Auflage erschienen ist, lohnt.
Wie bei fast allem, das jeder zu kennen glaubt, ranken sich auch um die bekannteste Uhrenmarke der Welt zahllose Mythen und Geschichten. Eine handelt von der Namensfindung. Niemand kann heute mit letzter Gewissheit sagen, woher der Name Rolex kommt. Firmengründer Hans Wilsdorf sprach von einem „guten Geist“, der ihm eines Morgens in einem Omnibus in London – damals noch von Pferden gezogen – den in sämtlichen Sprachen leicht auszusprechenden Markennamen eingeflüstert habe. Wäre es wahr, hätte es sich um ein äußerst großzügiges Geschenk gehandelt. Mittlerweile wird der Markenwert auf nicht weniger als zehn Milliarden Schweizer Franken beziffert.
Möglich wurde das freilich nur, weil Wilsdorf es seinerzeit verstand, den abstrakten Namen mit Bedeutung aufzuladen. In erster Linie gelang ihm das über teils spektakuläre Pionierleistungen, zu denen beispielsweise die Entwicklung der legendären Oyster als der ersten wirklich wasserdichten Uhr zählt. Wilsdorf revolutionierte so die Uhrenindustrie insgesamt und schuf die Grundlage für die Transformation der frühen Hightech-Schmiede in die heutige Prestigemarke.
The Watch Book Rolex – eigentlich drei Bücher in einem
Einblicke in die Modellgeschichte und technischen Meilensteine sind dementsprechend einer der Gründe, die The Watch Book Rolex lesenswert machen. Die berühmtesten Linien dürfen dabei selbstverständlich nicht fehlen. Ausführlich werden Oyster Perpetual, Datejust, Explorer, Submariner, GMT-Master, Day-Date und Cosmograph Daytona in all ihren Versionen behandelt. Genau wie viele andere weniger bekannte Schöpfungen. Ein eigenes Kapitel befasst sich mit Auktionsergebnissen. Ebenfalls typisch Rolex – die Uhren sind als Wertanlage und Zeitmesser ähnlich zuverlässig.
Der prächtige bei teNeues erschienene Band lässt ganz nebenbei einige Streiflichter fallen auf die Einführung und Vervollkommnung von Methoden des modernen Marketings. Nicht zuletzt zeichnet er den Lebensweg eines Mannes nach, der es in puncto Faszination spielend mit heutigen Tech-Milliardären aufnehmen kann. Somit handelt es sich bei dem, was der gelegentlich als Uhrenpapst bezeichnete Journalist, Uhrenfachmann und -sammler Gisbert L. Brunner abgeliefert hat, praktisch um drei Bücher in einem. Hierdurch wird quasi ausgeglichen, dass der Text nebeneinander in den drei Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch abgedruckt ist.
Gegen alle Widrigkeiten durchgesetzt
An sich ist die dreisprachige Darstellung dem Thema durchaus in mehrfacher Hinsicht angemessen. Man hat es hier natürlich mit einer Marke von höchster internationaler Geltung zu tun. Zudem war der 1881 im oberfränkischen Kulmbach geborene Hans Wilsdorf ein Muster an Grenzen und Sprachräume überschreitender Beweglichkeit und kosmopolitischer Geschmeidigkeit. Wer will kann in dem Sohn eines Eisenwarenhändlers ein Marketing-Genie erkennen. Wie The Watch Book Rolex eindrücklich zeigt, brachte Wilsdorf aber ohne Zweifel etwas mit, dass die meisten erfolgreichen Menschen auszeichnet: Beharrlichkeit und die Gabe, sich durch Rückschläge nicht aus dem Konzept bringen zu lassen.
Man stelle sich einmal vor, man selbst hätte wie Hans Wilsdorf das Startkapital zur Firmengründung nicht bloß einmal – bei einem Überfall – sondern gleich zweimal nacheinander verloren. Beim zweiten Anlauf kam Wilsdorf nämlich der Erste Weltkrieg in die Quere. Der britische Staat betrachtete sein Kapital als zu beschlagnahmendes Feindvermögen. Die Welt sollte jedoch schon bald erfahren, dass sich ein Wilsdorf so schnell nicht geschlagen gibt. Es ist daher sicher kein Zufall, dass Rolex-Uhren zu den robustesten gerechnet werden. Manche Konzessionäre antworteten früher auf die Frage nach der Belastungsgrenze der Uhren gern mit den Worten: „Alles was ein Arm aushält, hält auch eine Rolex aus.“
Schlussfolgerungen
Hans Wilsdorfs Lebensweg ist insbesondere für junge Leute aufschlussreich, die sich erst noch beweisen wollen. Nun wird die Generation Z oft als eine beschrieben, die erwartet, dass ihr der Erfolg in den Schoß fällt. Wir halten rein gar nichts von Klischees, die bekanntermaßen über Rolex ebenso in großer Zahl existieren. Weltoffene und reflektiert Handelnde bilden sich vorzugsweise eine eigene Meinung und geben nichts auf Kolportagen. Wie man mithilfe hervorragender Bücher seinen Horizont auf vorzügliche Weise erweitern kann, dafür ist The Watch Book Rolex ein perfektes Beispiel. Hier sollten sogar diejenigen zugreifen, die Armbanduhren (noch) nicht viel abgewinnen können.
Gisbert L. Brunner
The Watch Book Rolex
teNeues
3. Auflage (2023)
Gebundene Ausgabe, 288 Seiten, 25,3 x 32,3 cm
ISBN: 978-3961715039
Weitere Informationen:
teNeues Verlag GmbH
www.teneues.com