Wasserdichte Uhren gibt es erst seit den 1920er-Jahren. Mit dem Thema befassen sollte sich jeder, der plant, eine Uhr ins nasse Element mitzunehmen.

An sich ist die Sache sehr einfach: Das Werk einer Uhr verträgt sich nicht mit Wasser, einerlei ob es sich um ein mechanisches oder elektronisches Modell mit Quarzsteuerung handelt. Damit wäre die Geschichte schon zu Ende erzählt – wenn Menschen nicht auch im, unter und auf dem Wasser das Bedürfnis hätten, die Zeit abzulesen.

Lebenswichtig ist die Zeitmessung etwa beim Tauchen, wobei die beliebten Taucheruhren selten wegen ihres eigentlichen Verwendungszwecks angeschafft werden. Stattdessen nutzt man dafür inzwischen in aller Regel komplexe Tauchcomputer.


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Uhren für Nichtschwimmer

Überdies ermöglichten präzise Schiffsuhren die genaue Längengrad-Bestimmung und läuteten so die moderne Navigation ein. Hierfür notwendige maximale tägliche Abweichungen von wenigen Sekunden, von denen Isaac Newton annahm, sie seien grundsätzlich unerreichbar, brachten Mitte des 18. Jahrhunderts die uhrmacherischen Erfindungen des englischen Autodidakten John Harrison. Die Expeditionen seines Landmanns Captain James Cook verhalfen ihnen zum Durchbruch.


 
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Dass die damaligen mechanischen Wunderwerke nicht wasserdicht waren, spielte indes keine Rolle. Ging alles gut, kamen sie mit dem nassen Element genauso wenig in Berührung wie die meist aus vielen Nichtschwimmern bestehenden Schiffsmannschaften.

Genialer Marketing-Coup

Ein Markt für wasserdichte Uhren entstand erst mit der Industriegesellschaft, als Anfang des 20. Jahrhunderts die Taschenuhr durch die Armbanduhr abgelöst wurde. Neben der militärischen Nutzbarkeit war der aufkommende Breitensport eine treibende Kraft.

In diesem Zusammenhang gelang dem Rolex-Gründer Hans Wilsdorf 1927 ein genialer Marketing-Coup. Er konnte die Sekretärin Mercedes Gleitze überzeugen, bei ihrem Versuch, den Ärmelkanal zu durchschwimmen, eine „Oyster“ zu tragen. Obschon die Britin ihr Ziel knapp verfehlte, begründete der bravourös bestandene Test im kalten, stark wellenbewegten Wasser den legendären Ruf des ein Jahr zuvor patentierten, ersten wasserdichten Modells der Schweizer Marke. Es wurde anschließend als „Wunder-Uhr“ annonciert.

Das Modell Ahoi von Nomos Glashütte – hier kreativ in Szene gesetzt von Sarah Illenberger – sieht zwar nicht wie eine klassische Taucheruhr aus, erfüllt jedoch die entsprechende Norm DIN 8306 und ist bis 200 Meter wasserdicht. © NOMOS Glashütte/SA

Wasserdichte Uhren als Lebensversicherung

Ebenfalls etwas von einem Wunder hatte die geglückte Kon-Tiki-Expedition des Jahres 1947. Mit ihr erbrachte der Norweger Thor Heyerdahl gemeinsam mit seiner Mannschaft den Beweis, dass die Besiedlung Polynesiens von Südamerika aus mit jahrtausendealter Technologie möglich gewesen ist. Unterwegs auf dem offenen Pazifik bildeten wasserdichte Uhren, zur Verfügung gestellt von Eterna, zusammen mit einer Funkausrüstung und einem Schlauchboot als einzige neuzeitliche Hilfsmittel an Bord des Balsaholz-Floßes die Lebensversicherung.

Selbst zu dieser Zeit, 20 Jahre nach Mercedes Gleitzes Pioniertat, waren wasserdichte Uhren eine Besonderheit. Umso mehr zahlte sich die indirekte Beteiligung an dem beispiellosen Abenteuer der Wissenschaftsgeschichte für das Renommee des Uhrenherstellers aus dem solothurnischen Grenchen aus. Bis heute sind KonTiki-Sportuhren ein zentraler Bestandteil des Programms von Eterna. Sie verfügen – je nach Modell – über eine Wasserdichtigkeit von 200 Metern und mehr.

Tiefe nicht wörtlich nehmen

Was aber bedeutet die Angabe der Wasserdichtigkeit bei Uhren? Soviel vorweg: Sie kann zum Quell für folgenreiche Missverständnisse werden. Wer seine Uhr liebt, der liest – und zwar bevor es ins Wasser geht.

Wasserdichte Uhren besitzen eine Kennzeichnung in der Einheit Bar beziehungsweise Atmosphäre (atm) oder eine umgerechnete Meter-Angabe. Bei jenen der untersten Kategorie sind es 3 bar oder 30 Meter. Das sollte für die meisten Fälle genügen, könnte man glauben. In Wahrheit ist allerdings lediglich ein Prüfdruck gemeint. Für die Praxis heißt das, dass man mit einer 30 Meter wasserdichten Uhr nicht ins Wasser gehen darf, da Schwimmbewegungen – so will es die Hydrodynamik – für einen Wasserdruck sorgen, der deutlich über jenem liegt, auf den sich der angegebene Wert bezieht. Prinzipiell sind derartige Uhren ausschließlich gegen Spritzwasser geschützt, dürfen also nicht einmal beim Duschen getragen werden.

Casios G-Shock-Reihe ist ein Muster in Sachen Robustheit und trotzt auch dem nassen Element. Hier zwei Modelle aus der „Baby-G“ genannten Damenkollektion. © CASIO Europe GmbH

Noch ganz dicht?

50 Meter wasserdichte Uhren sind zum Schwimmen und Tauchen gleichfalls ungeeignet, bis 100 Meter wasserdichte Uhren taugen lediglich zum Schwimmen, nicht jedoch zum Tauchen. Erst ab 200 Meter oder 20 bar Prüfdruck spricht man von einer echten Taucheruhr, obwohl das nominell nicht nach normalem Sport- oder Freizeittauchen klingt, bei dem es kaum jemals tiefer geht als 40 oder 50 Meter.

Wer sich übrigens jetzt fragt, ob die Verantwortlichen für dieses potenzielle begriffliche Verwirrspiel noch ganz dicht sind, vergisst, dass Hersteller aus rein fachlicher Sicht kein Vorwurf trifft. Der Aspekt der kundenfreundlichen Kommunikation steht hingegen auf einem anderen Blatt. Den Fachhandel darf man, was das betrifft, nicht aus der Verantwortung entlassen, denn die wenigsten Kunden werden wohl vor dem Kauf die hoffentlich verständlich geschriebene Bedienungsanleitung lesen.

Auf richtiges Drücken kommt es an

Eine andere, fast gleich lautende Frage sollte man sich ebenso regelmäßig stellen: Ist meine Uhr noch ganz dicht? Wasserdichte Uhren sind – wie die Zeit an sich – eine relative Angelegenheit. Frisch aus dem Geschäft mag das, was auf dem Zifferblatt oder Gehäuseboden angegeben ist, der Realität entsprechen. Monate oder Jahre später sieht das unter Umständen anders aus. Daher hilft nur testen, testen und nochmals testen. Am besten jährlich.

Hinzu kommt das gelegentliche Auswechseln der Dichtungen, die – abhängig vom Material – unterschiedlich schnell altern. Salzwasser mögen sie nicht sehr, das gründliche Spülen mit sauberem Leitungswasser ist im Anschluss an jedes Tragen im Meer Pflicht. Des Weiteren muss vor jedem Kontakt mit Wasser unbedingt überprüft werden, ob die Krone richtig heruntergedrückt respektive verschraubt wurde.

Schnelles Handeln erforderlich

Darüber hinaus gilt es, mit der Uhr Sprünge ins kalte Wasser zu vermeiden, besonders nach einem Sonnenbad. Der plötzliche hohe Temperaturunterschied erhöht die ohnehin große Wirkung des Aufschlagdrucks erheblich.

Kühlt eine Uhr plötzlich ab, kann sich außerdem auf der Innenseite des Uhrglases ein Nebel bilden, der von allein verschwindet. Sind einzelne Tropfen zu erkennen, deutet das auf einen Wassereinbruch hin. Man sollte dann schnell handeln und die Uhr dem Uhrmacher seines Vertrauens vorlegen. Wie eingangs gesagt: Wasser gehört nicht in eine moderne Uhr – unabhängig davon, dass Wasseruhren, die ähnlich funktionieren wie Sanduhren, zu den ältesten Zeitmessern überhaupt zählen.

Weitere Informationen zu den abgebildeten Produkten:

NOMOS Glashütte/SA
www.nomos-glashuette.com

CASIO Europe GmbH
www.casio-europe.com/de/

 
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