Die ganze Welt in einer Stadt – wer da jetzt an New York denkt, springt zu kurz beziehungsweise zu weit. London war lange vor der heimlichen Hauptstadt der Vereinigten Staaten das Brennglas kultureller Errungenschaften und geopolitischer Macht. Ferner war London bis Anfang des vergangenen Jahrhunderts das Zentrum des größten Weltreiches, das dieser Planet jemals gesehen hat. Hier liefen die Fäden aus allen Himmelsrichtungen zusammen, wurden die Geschicke eines Viertels der Menschheit kontrolliert – und ein Viertel der Erde verwaltet. Wo sonst würde man daher beispielsweise den Nullmeridian erwarten, als in der 2000 Jahre alten Stadt, die seit der Schlacht von Hastings im Jahre 1066 Hauptstadt ist?
Erlebnis London
Die ganze Welt blickt am 6. Mai 2023 aus Anlass der Krönung von Charles III. einmal mehr auf London. Wird der dann auch formell vollzogene Beginn seiner Regentschaft den Imageschaden beheben, den der Brexit und die Umstände seines Zustandekommens anrichteten? An touristischer Strahlkraft jedenfalls hat London nicht eingebüßt. Wie Perlen reihen sich entlang der Themse zahlreiche der weltweit bedeutendsten Sehenswürdigkeiten auf, darunter natürlich die beispiellos kostbaren, im Tower von London ausgestellten britischen Kronjuwelen. Für alle, die ebenfalls die verborgenen Schätze entdecken möchten, ist ein kompakter, reisetauglicher Bildband gedacht, der jüngst im Midas Verlag erschienen ist.
„London – Wie es keiner kennt“, lautet der Titel der Neuerscheinung, der freilich schon aus dem Grund nicht ganz korrekt sein kann, weil zumindest Sara Santini und Andrea di Filippo selbst wissen, worüber sie schreiben. Nach dem Motto: „Been there, done it“. Doch einerlei, Namen sind Schall und Rauch. Wichtiger ist das Potenzial des Buches, mit seinen 100 Empfehlungen und Anregungen aus einer Reise nach London ein Erlebnis zu machen, das man im positivsten Sinne niemals vergisst. Wer mag, kann sich überdies hinsichtlich der eigenen Reise-Dokumentation von den herrlichen Fotos inspirieren lassen. Tipps im Rahmen eines kleinen Fotografie-Leitfadens enthält die Einführung außerdem. Sowie – heutzutage wohl unvermeidbar – Ratschläge für die Präsentation auf einer viel genutzten Social-Media-Plattform. Ihr verdankt das Autorenteam, das ursprünglich zum Studieren in die neun Millionen Einwohner zählende Metropole kam, den größten Teil ihrer bisherigen Bekanntheit.
London calling
Aber selbst wenn man wie wir der Meinung ist, dass das Wichtige beim Reisen die persönlichen Erfahrungen sind – und nicht das Posieren für Unbekannte (wie heißt es in einer Songzeile der Band „Placebo“ so schön: „I got too many friends / Too many people that I’ll never meet“) –, kommt man bei Sara Santini und Andrea di Filippo auf seine Kosten. Zahlreiche kleine und große Überraschungen hält der solide, fadengebundene und sogar mit Lesebändchen ausgerüstete London-Führer für die geneigte Leserschaft bereit. Von allem ist etwas dabei: Bauwerke, Straßen und Plätze, Restaurants und Bars, bezaubernde Orte in der Umgebung und solche inmitten der unfassbar geschäftigen Weltstadt. Für Ordnung in Form von vier Hauptkapiteln sorgen interessanterweise die vier Jahreszeiten.
Was gibt es darüber hinaus über „London – Wie es keiner kennt“ zu sagen? Kurze und prägnante Texte fassen das Wesentliche zusammen, dass man über die einzelnen Locations wissen muss. Kleine gezeichnete Übersichtskarten liefern einen willkommenen geografischen Überblick, ohne eine echte Karte respektive elektronische Navigationshilfe ersetzen zu können oder zu wollen. Von der sehr sympathischen Tonalität bis zur hochwertigen Ausführung der gedruckten Ausgabe macht hier alles Lust auf die individuelle Entdeckungsreise. Bleibt als einzige offene Frage: Wann endlich geht es los? London calling …
Sara Santini, Andrea di Filippo
London – Wie es keiner kennt
Midas Collection
224 Seiten, Hardcover
978-3-03876-243-0
Weitere Informationen:
Midas Verlag AG
www.midas.ch
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