Ist es Vernunft oder schlechtes Gewissen, wenn Uhrensammler über die eine Uhr nachdenken, die als One-Watch-Collection jeden weiteren Kauf überflüssig macht? Im Bild die neue Blancpain Fifty Fathoms Bathyscaphe Quantième Complet – ein möglicher Kandidat. © Blancpain

Spannung, Nascherei und etwas zum Spielen: Die Erfüllung gleich dreier Wünsche versprachen frühere Werbespots für die beliebten Überraschungseier von Ferrero. Wer will nicht gern mehr – oder am besten alles auf einmal? Betriebswirtschaftlich gesehen war es eine nette Idee, wertlosen Krimskrams aus Plastik zu versilbern, indem man ihn mit Schokolade umhüllte. Im Sinne der Profitabilität noch weitaus schlauer war aber der Schachzug, die Nachfahren der Jäger und Sammler mit ganzen Figurenserien („in jedem siebten Ei“) zu ködern. Wer sämtliche Figuren sein Eigen nennen wollte, konnte nun nicht mehr nach einem Ei aufhören. Eine regelrechte Lizenz zum Gelddrucken.

Was das mit Zeitmessern zu tun hat? Eine Menge, denn bei der weit verbreiteten Leidenschaft des Sammelns von Uhren geht es oftmals vergleichbar irrational und impulsiv zu wie am Süßwarenregal. Und zwar nicht bloß dann, wenn sich Erwachsene für ein mit nachgeahmten Marshmallows verziertes Modell von Richard Mille entscheiden. Durch ausgeklügeltes Marketing gelang es der Marke innerhalb weniger Jahre, völlig schwindelerregende, ja immobilientaugliche Preise aufzurufen. Dabei sind die in immer schrilleren Farben aufgelegten Produkte von Richard Mille für Laien von billigen Sportuhren vom Discounter-Wühltisch kaum zu unterscheiden. Gemessen am überschaubaren faktischen Gegenwert wiederum dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis die Blase platzt. So lange wird weiter gesammelt, was das Sparschwein hergibt.


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One-Watch-Collection: Vernunft oder schlechtes Gewissen?

Neben dem gelegentlich an Binge Eating erinnernden klassischen Sammelverhalten sprechen Uhrenfans hin und wieder über die Sehnsucht nach der einen Uhr, die als One-Watch-Collection jeden weiteren Kauf überflüssig macht. Ist es Vernunft oder schlechtes Gewissen, das sich hier zeigt? Oft genannte Kandidaten sind jedenfalls Luxus-Sportuhren, die Alltagstauglichkeit mit einem Schuss Eleganz kombinieren. In diese Rubrik fallen zum Beispiel die Stahlmodelle von Rolex. Allerdings sorgt die Strategie der künstlichen Verknappung der Genfer dafür, dass man viele von ihnen bei offiziellen Händlern – ähnlich wie bei Richard Mille – weder für Geld noch für gute Worte bekommt. Bleibt allein der Grau- und Gebrauchtmarkt. Dort sind häufig Aufschläge in Höhe des Mehrfachen des Listenpreises zu berappen.


 
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Wer jedoch nicht zwingend besitzen muss, was alle haben beziehungsweise wollen, findet genügend Alternativen, die sich sozusagen zum Aufbau einer One-Watch-Collection eignen. Wir haben uns links und rechts der ausgetretenen Pfade umgesehen und zwei interessante Neuheiten aus verschiedenen Preissegmenten entdeckt. Nachfolgend möchten wir Sie Ihnen kurz exemplarisch vorstellen.

Allrounder für jeden Tag: NOMOS Ahoi Atlantik

Das erste Modell, das uns auffiel, stammt aus Deutschland und trägt den fröhlichen Namen NOMOS Ahoi Atlantik. Pünktlich zum Sommerbeginn 2022 erschienen, ist die Uhr eigentlich eine Ergänzung der bereits bekannten sportiven Ahoi-Linie, die bislang Zifferblätter in weiß, rot und signalblau bot. Eine wunderbar maritim-sportliche Angelegenheit, doch für eine One-Watch-Collection zu wenig universell. Das in zwei Größen (40 und 36 Millimeter) und zwei Varianten (mit und ohne Datum) erhältliche supplementäre blauschwarze Modell lässt sich hingegen ständig tragen. Die sächsische Marke selbst spricht von einem Allrounder und einer „24/7-Uhr“, die alles auf einmal kann.

Elegante Sportlichkeit oder lässige Eleganz? Egal wie man es dreht und wendet, die NOMOS Ahoi Atlantik macht stets eine gute Figur. Eine interessante Wahl für die One-Watch-Collection. Foto: © NOMOS Glashütte/SA

Tatsächlich wird man mit den bis 200 Meter wasserdichten Uhren sowohl am Pool als auch im Büro oder auf einer Vernissage eine gute Figur machen. Die für NOMOS typische, an Bauhaus erinnernde Gestaltung der Gehäuse und Zifferblätter garantiert seit jeher Vielseitigkeit. Bei der NOMOS Ahoi Atlantik kommen Sportlichkeit und Robustheit dazu. In Kombination mit den durch den Saphirglasboden sichtbaren Inhouse-Kalibern macht das die NOMOS Ahoi Atlantik zu einer interessanten Wahl für die One-Watch-Collection. Und das zu einem vergleichsweise moderaten Preis, der unterhalb eines durchschnittlichen deutschen Monatsgehalts liegt. Eine Rolex ist dafür nicht zu haben.

Tagsüber dunkelblau, bei Dunkelheit aufgrund von Superluminova weiterhin gut ablesbar. Der rote Zeiger der kleinen Sekunde bei 6 Uhr unterstützt die klare optische Gliederung der Ahoi Atlantik, die – typisch NOMOS – überdeutlich an die Werte des Bauhaus erinnert. Geliefert werden die Uhren am Textilband. Foto: © NOMOS Glashütte/SA

Blancpain Fifty Fathoms Bathyscaphe Quantième Complet

Geografisch und preislich in höhere Regionen führt uns die zweite Uhrenvorstellung aus der Schweiz. Mit ihr erhalten jene, die es sich leisten können beziehungsweise wollen, deutlich mehr Uhr – und Prestige. Blancpain Fifty Fathoms Bathyscaphe Quantième Complet – diesen Namen korrekt aufzusagen und zudem fehlerfrei auszusprechen sollte vom Hersteller vielleicht prämiert werden. Auf dem Zifferblatt ließ man zum Glück die letzten beiden Wörter weg und verteilte die restlichen auf der oberen und unteren Hälfte. So blieb unten genügend Platz für eine Mondanzeige und oben für die Anzeige von Wochentag und Monat. Außen komplettiert ein Zeigerdatum den wahlweise im Gehäuse aus Rotgold oder Titan erhältlichen vollständigen Kalender.

Einseitig drehbare Lünette mit Keramikeinsatz, Wasserdichtigkeit bis 300 Meter, gleichzeitig ein Vollkalender mit Mondphase und sonnenstrahlig geschliffenes Zifferblatt: Ist die Blancpain Sportuhr oder Accessoire für dienstliche oder gesellschaftliche Verpflichtungen? Als perfekte Kandidatin für die One-Watch-Collection kann die Blancpain einfach alles. Das hat jedoch seinen Preis. Fotos: © Blancpain

Die zwei satinierten Modelle ergänzen die erfolgreiche Linie der Bathyscaphe-Taucheruhren und verbinden für Tauchgänge ausreichende Wasserdichtigkeit von 300 Metern mit Komplikationen, die eher von klassisch-eleganten Uhren bekannt sind. Die mechanische Pracht lässt sich bei Blancpain gleichfalls dank eines Saphirglasbodens bewundern. Das Automatikwerk besitzt ein spezielles Sicherheitssystem für den Datummechanismus. Hierdurch lassen sich im Gegensatz zu herkömmlichen Kalenderuhren jederzeit alle Anzeigen verstellen, ohne dass das Uhrwerk beschädigt wird. In Rotgold ist die Blancpain Fifty Fathoms Bathyscaphe Quantième Complet am NATO-Armband oder mit einem blauen Segeltuchband mit Dorn- oder Faltschließe lieferbar. Das wesentlich leichtere Titanmodell bietet Blancpain mit einem Armband aus Titan, NATO-Gewebe oder grauem Segeltuch an. Der Durchmesser beträgt jeweils 43 mm. Für schlankere Handgelenke ist das leider sehr groß.

Fazit

Im Zusammenhang mit den vorgestellten Uhren von Verzicht zu sprechen, wäre widersinnig. Das gilt Insbesondere bei der üppig ausgestatteten und in puncto Verarbeitungsqualität und Handwerkskunst schwer zu übertreffenden Blancpain. Sie signalisiert Kennerschaft und Liebe zur tradierten Uhrmacherkunst, nicht Snobismus. Mit den Uhren von NOMOS verhält es sich ähnlich, wenngleich auf einem anderen preislichen Niveau. Um das richtig einordnen und nachvollziehen zu können muss man sich intensiver mit der Welt der traditionellen Mechanik befassen. Diese lässt sogar neueste „Smart Devices“ alt aussehen. Doch Vorsicht: Einmal mit dem Uhrenvirus infiziert, geben manche in der Folge ein Vermögen aus und bauen Sammlungen auf, die Museen Konkurrenz machen. Wer es übersichtlicher mag, erfreut sich an einer klug ausgesuchten One-Watch-Collection. Das ist quasi Verzicht de luxe.

Weitere Informationen:

NOMOS Glashütte/SA
www.glashuette.com

Blancpain
www.blancpain.com

 
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