Symbolbild zum RGBMAG-Artikel Schlüsseltechnologie Batterie: Von Wasser, Brot und Butter

Der erwartete Durchbruch der Elektromobilität rückt die Batterie als Schlüsseltechnologie immer stärker in den Mittelpunkt. Weltweit wird unter Hochdruck an der Verbesserung der Kapazitäten, am Ladeverhalten und an der Reduzierung der Kosten gearbeitet. Die Sprünge in der letzten Zeit hinsichtlich der Energiedichte beeindrucken. Innerhalb der „EQ“ genannten Elektrosparte von Mercedes-Benz zum Beispiel rechnet man mit einem künftigen jährlichen Zuwachs von zehn Prozent [1]. Das weckt Assoziationen mit dem Mooresche Gesetz von der Steigerung der Integrationsdichte von Mikroprozessoren als entscheidende Voraussetzung für die digitale Revolution. Verschläft man aber hierzulande respektive in Europa nicht gerade die Batterie-Revolution? Im Kanzleramt wird darüber offenbar intensiv nachgedacht. Angela Merkel forderte unlängst auf dem Berliner Wirtschaftstag eine europäische Aufholjagd [2]. Immerhin wird endlich thematisiert, analysiert und appelliert. Und wann wird gehandelt?

Gefährliche Abhängigkeit

Automobilzulieferer Bosch sprach sich kürzlich gegen das vermeintlich hohe Risiko des Aufbaus eigener Batterie-Fertigungskapazitäten aus [3]. Muss man, während andere Nationen Fakten schaffen, die deutsche Industrie womöglich zum Jagen tragen? Tesla sucht derzeit einen Standort für eine europäische „Gigafactory“. Die Chinesen, die die Führungsrolle bei der Elektromobilität übernommen haben, sind bereits fündig geworden. CATL, Chinas größter Batteriehersteller, will Erfurt zu einem der führenden Produktionsstandorte in Europa machen [4]. BMW hat entschieden, sich hier im großen Stil einzudecken [5]. Bände sprach der Kommentar von Thüringens Wirtschaftsminister Tiefensee, wonach das Know-how aus China nach Deutschland käme [6]. Bis vor einigen Jahren war das genau andersherum.

Gemessen an der Tatsache, dass es sich bei Batterien um die elementarste und zugleich teuerste Komponente von Elektrofahrzeugen und nicht etwa um Firlefanz handelt, wirft die Rückständigkeit Deutschlands und Europas sowie die Leichtfertigkeit, mit der man sich in Abhängigkeiten von ausländischen Firmen begibt, unbequeme Fragen zur Zukunft der automobilen Wertschöpfung auf. Ferner erinnert es an die Entwicklung im Bereich Photovoltaik, wo man sich von den Chinesen ebenfalls die Butter vom Brot nehmen ließ. Unterdessen setzt auch in der deutschen Windindustrie Schnappatmung ein [7] …

Vorbild Airbus

Überhaupt sind regenerative Energien neben der Elektromobilität der zweite wichtige Grund, der Batterien zu einem riesigen Zukunftsgeschäft macht, das man nicht ohne Not Dritten überlassen sollte – und nicht zufällig hat CATL diesen Markt ebenso im Auge. Anders als früher wird Strom nämlich zunehmend nicht dann produziert, wenn die Nachfrage es erfordert, sondern wenn die Natur es zulässt. Bei mehr als einem Drittel liegt der Anteil der Erneuerbaren in Deutschland mittlerweile [8]. Zu der enormen Herausforderung, das für den verbleibenden Rest zu bewerkstelligen, kommt die Notwendigkeit der Substitution von Benzin und Diesel. Dass nicht einmal die Klimaziele für 2020 erreicht werden [9], macht die Sache nicht leichter …

Kann es, falls Deutschland es allein nicht schafft, vielleicht Europa richten? Zumindest bei Batterien sollen die unterschiedlichen Stärken der einzelnen EU-Staaten nun in einer europäischen Allianz gebündelt werden [10]. Hierbei orientiert man sich am Vorbild Airbus, dem seinerzeit nur wenige Beobachter das Kunststück zutrauten, die marktbeherrschende Stellung des US-Herstellers Boeing zu beenden.

Strategie gesucht

Den Analysten von Roland Berger dürften die Pläne gut gefallen. Schließlich schrieben sie der Autoindustrie eben erst höhere Investitionen in die Batterieentwicklung ins Stammbuch [11]. Die deutschen OEMs sehen sie im internationalen Ranking abgeschlagen auf Platz fünf; den Franzosen hält man wenigstens zugute, dass sie ihre auf kleine und günstige Fahrzeuge fokussierte Produktpalette konsequent ausbauen.

Weiterhin empfiehlt die Roland-Berger-Studie „Index Elektromobilität“ den Automobilherstellern die Suche nach geeigneten Strategien für die gesamte Batteriewertschöpfungskette. Das schließt Kooperationen mit Rohstoffanbietern und Lösungen für das Recycling von Altbatterien mit ein. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: bei deutlich steigenden Stückzahlen wird sich die Versorgungslage bei Kobalt, Lithium & Co. schnell ändern [12].

Alternativen zur Lithium-Ionen-Batterie

Sorgen um die langfristige Versorgungssicherheit mit den für die heutigen Akkus benötigten Rohstoffen könnten allerdings ähnlich unbegründet sein, wie die einstigen Ängste vor dem prognostizierten Ertrinken in Pferdemist, kurz bevor Automobile die Städte zu erobern begannen. Schon jetzt existieren vielversprechende Ansätze für die Ablösung der Lithium-Ionen-Technologie.

Kein Geringerer als John B. Goodenough, seines Zeichens Miterfinder der Lithium-Ionen-Batterie und chancenreicher Kandidat für einen Chemie-Nobelpreis, forscht beispielsweise an einer keramischen Festkörperbatterie, die gleich mehrere Probleme bisheriger Batterien lösen soll. Dazu gehören Herstellungskosten, Ladeverhalten, Energiedichte und Sicherheit. Im Vergleich zu konventionellen Batterien liegt die Energiedichte aktuell bei mehr als Faktor drei [13]. Außerdem erfreulich: Lithium wird bei dieser Technologie durch Natrium ersetzt, das man fast überall gewinnen kann – Seewasser genügt.

Vor Freude getanzt

See- beziehungsweise Salzwasser ist überdies das Stichwort für eine weitere spannende Entwicklung, die aus den Niederlanden kommt. Das Unternehmen Aquabattery [14] verwendet es, um über ein System von Membranen Energie zu speichern. Das Ganze ist beliebig skalierbar und unbedenklich für die Umwelt. Als sich zeigte, dass das Prinzip der sogenannten „Blue Battery“ funktioniert, habe sie vor Freude getanzt wie bei der Entdeckung des Feuers, erklärte Teammitglied Mei Nelissen [15].

Natürlich ist die Erfindung von Aquabattery zur Speicherung von Strom aus Wind- und Solaranlagen gedacht und nicht für Autos. Hier ist Wasser höchstens ein Thema, wenn die zum Fahren benötigte Energie mittels Brennstoffzellen erzeugt wird; noch ist diese Lösung nicht vom Tisch. Doch egal wie die Mobilität von morgen aussehen mag – auf jeden Fall muss sie nachhaltig sein. Fraglos kommt es dabei nicht nur auf den Antrieb an. Ein nicht minder wichtiger Aspekt ist die Frage, wie sich mehr Mobilität mit weniger Autos darstellen lässt. Des Weiteren bieten intelligente Raumordnungskonzepte ein ungeahntes Potenzial, in Zukunft Verkehr von vornherein zu vermeiden.

Quellen:

[1] https://www.automobil-industrie.vogel.de/wir-erwarten-einen-kostenvorteil-bei-e-autos-a-683531/

[2] http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/diginomics/merkel-fordert-aufholjagd-bei-batterieproduktion-15637314.html

[3] http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/bosch-chef-denner-batteriefabrik-lohnt-sich-wohl-nicht-15424449.html

[4] https://www.wiwo.de/unternehmen/auto/catl-baut-werk-in-thueringen-chinesische-batteriezellen-fuer-deutsche-e-autos/22780178.html

[5] s. [4]

[6] s. [4]

[7] https://www.handelsblatt.com/unternehmen/energie/erneuerbare-energien-die-deutsche-windbranche-steht-vor-einer-schweren-krise/22875208.html

[8] https://www.bdew.de/presse/presseinformationen/erneuerbare-ueberholen-erstmals-braun-und-steinkohle-bei-der-stromerzeugung/

[9] https://www.tagesschau.de/inland/treibhausgasemissionen-101.html

[10] https://www.pv-magazine.de/2018/05/23/eu-legt-aktionsplan-fuer-batterie-industrie-vor/

[11] https://www.rolandberger.com/de/press/E-Mobilität-Autohersteller-müssen-in-Batterieentwicklung-und-Recycling-investie.html

[12] https://www.zeit.de/wirtschaft/2017-11/elektromobilitaet-elektroauto-rohstoffe-knappheit-lithium

[13] https://www.elektronik-informationen.de/festkoerperbatterie-brennt-nicht-und-laedt-schnell/150/23202/349729

[14] http://aquabattery.nl

[15] https://www.ft.com/content/46adb98c-d8ef-11e7-9504-59efdb70e12f

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Energiespeicher, Energiewende, Photovoltaik, Renewables, Windenergie