Design ist ohne jeden Zweifel eine ernste Angelegenheit. Doch das gilt, glaubt man Seneca, sogar für die Heiterkeit. Ist die Welt vielleicht deshalb hauptsächlich mit Dingen angefüllt, die eine humor- und fantasielose Strenge charakterisiert? Gelegentlich provoziert das amüsante Gegenreaktionen und Interventionen wie zum Beispiel das „Kostümieren“ von Pollern in tristen Straßen mit kleinen gehäkelten Figuren oder Schals. Bloße Spielereien, keine Frage. Just darin jedoch, in der pejorativen Bedeutung des Begriffs „Spielerei“, zeigt sich eines der Dramen der Moderne. Der auf Effizienz und Effektivität trainierte Mensch vergisst in seinem Streben nach Wirksamkeit die Wichtigkeit des zweckfreien Spiels. Entwicklungspsychologen und Intelligenzforschern ist sie hingegen sehr wohl bekannt.
Warum dann im Design nicht etwas mehr spielerische Leichtigkeit hinsichtlich der Form wagen? Und zwar nicht allein bei Spielzeug. Die Funktionalität muss das nicht zwangsläufig beeinträchtigen. Schließlich führen viele Wege nach Rom.
Ein Fest für den Homo ludens
Bleiben wir gedanklich in Italien. Mit der von BIG (Bjarke Ingels Group) entworfenen Stellar Nebula hat man bei dem 1960 gegründeten und inzwischen weltbekannten Leuchtenhersteller Artemide unlängst eine Serie ins Programm genommen, die genau das erreicht: eine große optische Schwerelosigkeit. Stellar Nebula ist praktisch ein Fest für den Homo ludens, den spielenden Menschen. Quasi als Sonderfall dessen, was man bei Artemide „The Human Light“ nennt – Licht als Bereicherung für den Menschen und sein Wohlbefinden.
Die Leuchten lehnen sich, wenn man so will, mimetisch an den Idealzustand des unbeschwerten und fantasievollen Spiels an – das Spiel mit Seifenblasen. Weitere Assoziationen sind denkbar, etwa die mit herabfallenden Wassertropfen. Die Formgebung der Leuchtenkörper von Stellar Nebula (und – wie wir sehen werden – nicht nur die) regt die Fantasie an. Die Leuchtenserie schafft aber auch einen bildschönen Bezug zur großen Tradition der italienischen respektive venezianischen Glasbläserkunst. Auf sie kamen wir bereits im Zusammenhang mit den Papilio-Leuchten von Masiero zu sprechen.
Bei Stellar Nebula lässt Hightech Handwerkskunst erstrahlen
Die Herstellung von Stellar Nebula erfolgt in mehreren Stufen. Zu allererst werden die Grundformen mundgeblasen. Im Anschluss daran werden die Glasdiffusoren erneut im Ofen erhitzt. Fast bis zu dem Punkt, ab dem das Kristallglas wieder schmilzt. Hierdurch kommen die charakteristischen fließenden Formen zustande. Und das ist noch nicht alles: Im Sinne der Verbindung von Handwerkskunst mit Hightech wird als Nächstes im Vakuum in einem emissionsfreien Verfahren ein metallisches Finish aufgebracht. Die Besonderheit: Die Beschichtung ist dichroitisch, weist also je nach Blickrichtung unterschiedliche Farbigkeiten auf.
Das Ergebnis rechtfertigt den aufwendigen Entstehungsprozess. Jede Leuchte ist ein Unikat. Und ein wunderbarer Blickfang. Ihre Beschichtung verleiht Stellar Nebula ein charakteristisches Schillern, welches den Eindruck von Seifenblasen verstärkt. Im eingeschalteten Zustand. Ausgeschaltet nämlich erscheinen die in drei Größen erhältlichen Leuchten klar. Insbesondere zu Beginn könnte es daher ratsam sein, den Lichtschalter zu verstecken, bevor das Spiel mit Stellar Nebula zu bunt wird.
Weitere Informationen:
Artemide Deutschland GmbH & Co. KG
www.artemide.com
Bildhinweis:
© Artemide