Kaffeegenuss im All – das ist wegen der Schwerelosigkeit kompliziert. Die für die ISS entwickelte Lavazza ISSpresso ist jetzt in einer Ausstellung zu sehen.

Wäre er nicht aufgrund eines Rechenfehlers von einem viel zu kleinen Erdumfang ausgegangen, der vor 570 Jahren geborene Christoph Kolumbus hätte vermutlich seine folgenreiche Entdeckungsreise über den Atlantik niemals angetreten. Wenigstens aber wusste der gebürtige Italiener, in welchem Medium er sich bewegte. Will sagen: Kolumbus war hinreichend bekannt, worum es sich bei Ozeanen respektive Wasser handelt. Bezogen auf unsere heutigen Expeditionen ins Weltall als „Final Frontier“ lässt sich das keinesfalls behaupten. Wie wir inzwischen wissen, wissen wir fast nichts über den Kosmos. Zum größten Teil setzt dieser sich offenbar aus etwas zusammen, das uns gänzlich unbekannt ist. Fest steht bislang lediglich, dass Dunkle Energie als eine geheimnisvolle Kraft sowie die sinnlich nicht erfahrbare Dunkle Materie existieren müssen, da die Struktur des beobachtbaren Universums andernfalls nicht erklärbar wäre.

Eine demgegenüber glücklicherweise sichtbare, fühl- und vor allem schmeckbare dunkle Materie erfreute erstmals am 3. Mai 2015 die ebenfalls aus Italien stammende Astronautin Samantha Cristoforetti an Bord der Internationalen Raumstation (ISS). Wegen der Schwerelosigkeit erforderte der „ISSpresso“ getaufte Kaffeegenuss für seine Zubereitung ein Spezialgerät, die Lavazza ISSpresso. Entwickelt wurde die Hightech-Kaffeemaschine des 125 Jahre alten Espresso-Spezialisten Lavazza in Zusammenarbeit mit dem italienischen Luft- und Raumfahrttechnik-Unternehmen Argotec und der italienischen Raumfahrtbehörde (ASI). Vom Turiner Lavazza-Hauptsitz reiste die ISSpresso kürzlich nach Hamburg, wo sie im Museum für Kunst und Gewerbe (MK&G) im Rahmen der Ausstellung „Heimaten“ bis zum 9. Januar 2022 als eines von rund 150 Exponaten in Augenschein genommen werden kann.

Ein Motiv von Thierry Le Gouès aus dem Lavazza-Kalender von 2004. Uns ist rätselhaft, wie die Astronautin den Espresso genießen will, ohne sich zuvor ihres Helms zu entledigen, was wiederum wenig empfehlenswert wäre. Vermutlich entgeht ihr ein besonderer Genuss.

Tribut an die Schwerelosigkeit

Von der gewohnten Espresso-Zubereitung auf der Erde unterscheidet sich die ISSpresso deutlich. Schon das Befüllen mit Wasser hat in der Raumstation seine Eigenarten. Aus einem Dispenser muss Wasser in einen Beutel gezapft werden. Dieser wird anschließend mittels eines Schnellkupplungssystems angeschlossen und befestigt. Durch ein spezielles Stahlrohr, das einem Druck von über 400 bar standhält, wird das Wasser angesaugt und erhitzt. Nach Erreichen der idealen Temperatur fließt es durch eine zuvor in ein Spezialfach eingelegte Kaffeekapsel. Statt in die traditionelle Espressotasse erfolgt die Ausgabe des fertig gebrühten Kaffees schließlich in einen Plastikbeutel – auch das ein Tribut an die Schwerelosigkeit. Das Trinken hat folglich ebenso seine Besonderheiten. Die erste Italienerin im All benötigte hierfür einen Strohhalm.

Kaffeekapsel, Plastikbeutel und Strohhalm?! Bei kritischer Betrachtung exportierte man mit der ISSpresso gleich drei Symbole für die unerträgliche Gedankenlosigkeit des Wegwerfzeitalters ins Weltall. Während die Wissenschaft mit großem Aufwand erdähnliche Planeten sucht – ein womöglich interessantes Projekt für eine unvorstellbar weit entfernte Zukunft – beweist die Menschheit gleichzeitig denkbar wenig Geschick beim Schutz des einzigen bekannten bewohnbaren Planeten. Für die besagte Hamburger Ausstellung wurde, weil jeder Mensch den Begriff Heimat anders auffasst, der titelgebende Plural kreiert. Von der ISS aus ließe sich sehr gut erkennen, dass das grober Unfug ist. Es gibt nur eine einzige Heimat. Ihr Name lautet Erde. Im eigenen Interesse sollten wir vielleicht langsam damit anfangen, sie mit dem nötigen Respekt zu behandeln.

Weitere Informationen:

Lavazza
www.lavazza.de

Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
www.mkg-hamburg.de

 
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