Bei der modular konzipierten Certina DS+ kann man zusätzlich zum Armband das Gehäuse ohne Werkzeug abtrennen und tauschen. Im Handumdrehen hat man so immer wieder eine andere Uhr. Foto: © Certina

Wandelbar, nicht verwechselbar. So will die neue Certina DS+ gesehen werden. Bei der modular konzipierten Uhr kann man zusätzlich zum Armband das Gehäuse ohne Werkzeug abtrennen und tauschen. Im Handumdrehen wird hierdurch beispielsweise aus einem klassischen, am Lederband getragenen Modell eines, das nicht nur wie eine Taucheruhr aussieht. Die Wasserdichtigkeit wird von Certina nämlich mit 200 Metern angegeben. Ehrensache, könnte man argumentieren. Die mittlerweile zur Swatch Group zählende Marke ist bekannt für ihre robusten Produkte. Vor langer Zeit schon konnten sie sich im hochalpinen Raum ebenso bewähren wie in Neptuns Reich. Hierfür sorgte das 1959 eingeführte DS-Konzept. Es steht für doppelte Sicherheit im Hinblick auf Stöße und Wassereinbruch.

Ein gemischtes Bild

Bei Certinas neuester Interpretation des DS-Konzepts wird das „Kleid“ der Uhren durch das Lösen einer zusätzlichen Krone ausgewechselt. Zumindest bei dem Gehäuse vom Typ Taucheruhr erinnert sie an ein Heliumventil. Das zahlt auf den sportlichen Look ein. Bei den übrigen Gehäuseoptionen wirkt die zweite Krone hingegen für eine Dreizeigeruhr mit Datum streng genommen unpassend. Diesen stilistischen Nachteil macht die Mühelosigkeit wett, mit der sich das Gehäuse nach dem Lösen der Schraube von der eigentlichen Uhr abheben lässt.

Damit wären wir beim zweiten Punkt, bei dem man geteilter Meinung sein kann. Um die angenehme Gangreserve von 80 Stunden darzustellen, wurde bei dem verbauten Automatikkaliber (ein ETA Powermatic) die Schwingfrequenz reduziert. Das geht aus technischen Gründen zu Lasten der Ganggenauigkeit. Außerdem läuft der Sekundenzeiger deswegen weniger flüssig. Hinzu kommt, dass bei Werken beziehungsweise Uhren dieser Preislage ein Faktor die Langlebigkeit einschränkt, den viele gar nicht im Blick haben. Kommt es irgendwann nach Ablauf der Garantie zu größeren Problemen, wird, gemessen an den Stundensätzen für professionellen Service, schnell die Grenze zum wirtschaftlichen Totalschaden erreicht.

Mechanik statt Sondermüll

Das Problem relativiert sich, wenn einem die Uhr ans Herz gewachsen ist oder man prinzipiell dem Reparieren gegenüber dem Neukauf den Vorzug gibt. Man sollte das Gesagte daher nicht als „Deal Breaker“ betrachten. Immerhin bietet Certina hier einen relativ preiswerten Einstieg in die Wunderwelt der Mechanik. Bei eidgenössischen Herstellern ist die Auswahl im dreistelligen Bereich begrenzt. Zukünftig könnte sie sogar noch sehr viel kleiner ausfallen. Die Schweizer Uhrenindustrie muss sich zu der Herausforderung verhalten, dass die Mittelschicht als Zielgruppe für Uhren in der Preisregion bis vier- oder fünftausend Euro in den westlichen Staaten erodiert.

Und dann ist da andererseits noch die neu entstandene Konkurrenz: Kleinstcomputer fürs Handgelenk, die, bevor sie sich innerhalb kürzester Frist in Sondermüll verwandeln, zufällig auch die Uhrzeit anzeigen. Anders als während der Quarzkrise hat man sich dieses Mal (von Ausnahmen abgesehen) nicht auf das durch Obsoleszenz, Schöpferische Zerstörung und Margendruck charakterisierte Spiel eingelassen. Als verlässliche wirtschaftliche Basis bleibt daher hauptsächlich die Nachfrage jener Klientel, die auf Prestige und handwerkliche Perfektion statt auf Preisschilder achtet.

Die Certina DS+ passt in die Zeit

Ein gutes Stück weit vom Premium-Segment entfernt, erwirbt man bei Certina eine ordentliche Schweizer Uhr, bei der ein interessantes Designkonzept sinnvoll umgesetzt wurde. Die Idee, es Menschen mit den sogenannten Kits, von denen drei unterschiedliche existieren, quasi zu ermöglichen, als Alternative zur One-Watch-Collection eine kleine Sammlung von Uhren zum Preis einer einzelnen zu erwerben, passt in die Zeit. Viele müssen heute den Gürtel enger schnallen. Die Folgen der unsäglichen Energiepolitik der letzten beiden Jahrzehnte zwingen sie dazu.

Nun ist die Certina DS+ zwar nicht die erste Uhr, bei der sich der Container für das Uhrwerk herauslösen lässt. Ähnliches bot etwa bereits die sogenannte „Pop Swatch“ in den 1980er-Jahren. Sie war allerdings – typisch Swatch – als nicht reparables Lifestyle-Accessoire für baldiges Wegwerfen „optimiert“. Konzernschwester Certina macht das erfreulicherweise anders und knüpft an die eigene große Tradition an. Wenngleich früher nicht alles besser war, umgab man sich in der Vergangenheit zumeist mit weniger, dafür aber deutlich besseren, weil langlebigeren Dingen.

Weitere Informationen:
Certina SA
www.certina.com

Bildhinweis:
© Certina

 
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