Indem sie Brücken schlägt zwischen Funktion und Ästhetik, spiegelt die Uhrenlinie 1966 die DNA der Schweizer Manufaktur Girard-Perregaux perfekt wider.

Nur wenigen Unternehmen wird die Gunst zuteil, auf eine 230 Jahre währende Historie zurückblicken zu dürfen. Für die Schweizer Uhrenmanufaktur Girard-Perregaux ist es 2021 so weit. So reibungsarm wie eine gut gewartete Uhr lief die zu Beginn der Industrialisierung gestartete Reise allerdings nicht ab. Sie nachzuerzählen ist ein kompliziertes Unterfangen, fast vergleichbar mit dem Referieren der Funktionsweise eines mechanischen Kalibers. Ein paar Streiflichter sollen daher an dieser Stelle genügen, der Einfachheit halber lassen wir dafür die Zeit rückwärts laufen.

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

2011 übernimmt der französische Luxuskonzern Kering die Mehrheit an der Sowind Group, 1992 erwirbt diese Girard-Perregaux, 1988 wird die Uhrenmarke an ihren Geschäftsführer Francis Besson und ein Konsortium mehrerer Banken verkauft, 1979 an das Zürcher Handelshaus Desco von Schulthess, 1969 findet der Börsengang statt, 1929 kauft ein Unternehmer namens Otto Graef die Manufaktur, 1928 – kurz vor der Weltwirtschaftskrise – gerät sie in die Insolvenz, 1856 erfolgt die Umbenennung in Girard-Perregaux, 1852 gründet der Uhrmacher Constant Girard in La Chaux-de-Fonds Girard & Cie.

Sicher, die Geschichte so herum zu erzählen ist fraglos äußerst unorthodox. Aber auf diese Weise fällt am schnellsten auf, dass, obwohl wir am Zeitpunkt der Entstehung angelangt sind, ganze 61 Jahre bis zum angegebenen Gründungsjahr 1791 fehlen. Wo diese geblieben sind? Um uns auf die Suche zu begeben, müssen wir die Zeit einfach wieder ein Stück weit vorwärts ablaufen lassen – bis 1906. In diesem Jahr nämlich findet die Einverleibung der 1791 gegründeten Uhrenmanufaktur Bautte & Moynier durch Girard-Perregaux statt. Also schmückt man sich von da an zum Nutzen der eigenen Markenkommunikation mit dem sehr viel stattlicheren Gründungsdatum. Weil man es kann.

Die limitierte „Infinity Edition“ der 1966 von Girard-Perregaux. Vorn und hinten mit Saphirglas, das Zifferblatt besteht aus poliertem Onyx.

Goldmedaillen und goldene Brücken

Trotz der vielen Jahreszahlen blieb eine besonders bedeutsame noch unerwähnt: 1966. Sie gibt einer der wichtigsten Uhrenlinien von Girard-Perregaux ihren Namen. Die alltagstauglichen und gleichzeitig bei formellen Anlässen glänzenden Uhren gehören zu den schönsten Dress Watches auf dem Markt. Sie spielen durchaus in einer Liga mit der grandiosen Villeret Ultraplate von Blancpain – einer Marke, die sich im Gegensatz zu Girard-Perregaux niemals auf Quarz-Abenteuer eingelassen hat. Die Serie 1966 macht dieses Kapitel vergessen und knüpft stattdessen auch in ihren neuesten Ausprägungen an die deutlich ruhmreichere Epoche vor der Markteinführung der ersten Quarzarmbanduhr der Welt durch die japanische Konkurrenz im Jahr 1969 an.

Zu den herausragendsten Leistungen dieses „goldenen Zeitalters“ darf das um 1966 vorgestellte erste mechanische Hochfrequenz-Werk gerechnet werden. Höhere Frequenz bedeutet eine Steigerung der Präzision, und um die machte sich Girard-Perregaux bereits früh verdient. Goldmedaillen bei den Pariser Weltausstellungen von 1867 und 1889 sowie mehrere Auszeichnungen durch das kantonale Observatorium Neuenburg (Observatoire cantonal de Neuchâtel) ungefähr zur selben Zeit beweisen es. In den 1960er-Jahren gewann Girard-Perregaux sogar den Jahrhundertpreis für Chronometrie.

Indem er in innovativer Weise die Technik selbst als Gestaltungsmittel nutzte, beeinflusst der Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Taschenchronometer „La Esmeralda“ das Uhrendesign bis heute. Rechts die nicht minder bahnbrechende „Constant Escapement“ aus unseren Tagen.

Technik als Gestaltungsmittel

Bei der Serie 1966 schwingt all das mit. Die Modelle schlagen Brücken zwischen Funktionalität und Ästhetik. Wortwörtlich waren es die drei goldenen Brücken eines berühmten historischen Tourbillon-Modells, mittels derer 1884 die Technik erstmals selbst zum zentralen Gestaltungsmittel und zur eindrucksvollen Zierde wurde. Als Teil des aktuellen Markenauftritts erinnert ein stilisiertes Brücken-Signet bis heute daran. Man entdeckt es beispielsweise auf den polierten schwarzen Onyx-Zifferblättern der limitierten „Infinity Edition“ der 1966.

Möglicherweise ist nach dem bisher Gesagten der Eindruck entstanden, bei Girard-Perregaux blicke man allein auf Vergangenes zurück. Als Gegenbeweis sei die vor einigen Jahren entwickelte „Constant Escapement“ erwähnt. Mit dieser Großtat wurde ein Jahrhunderte altes Problem von mechanischen Uhren adressiert und – wie es aussieht – gelöst. Es geht dabei um die Überwindung der aus der sich ständig ändernden Federspannung resultierenden schwankenden Genauigkeit. Wie einst die goldenen Brücken stellte Girard-Perregaux den insgesamt komplizierten und im Kern doch genial einfachen Mechanismus stolz zur Schau. Was genau es mit dem Kaliber MVT-009100-007 auf sich hat, das seine Existenz dem Herumspielen mit einer Fahrkarte verdankt, ist jedoch eine Geschichte, die ein anderes Mal erzählt werden muss.

Weitere Informationen:
Girard-Perregaux
www.girard-perregaux.com

Bildhinweis:
Für alle Fotos gilt: © Girard-Perregaux

 
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