Das Tourbillon, Breguets berühmteste Erfindung, soll den von der Lage der Uhr abhängigen Einfluss der Schwerkraft auf die Ganggenauigkeit aufheben. Vor 220 Jahren erhielt der 1747 in Neuenburg in der Schweiz geborene Uhrmacher ein Patent auf die bis heute begehrte Komplikation.

Lage, Lage und noch mal Lage – in der Immobilienbranche ist das die wichtigste Regel und der meist gehörte Satz. Gar nicht viel anders verhält es sich bei der klassischen mechanischen Zeitmessung. In Abhängigkeit von der Lage wirkt die Schwerkraft verschieden stark auf die beweglichen Teile einer Uhr, wodurch die Ganggenauigkeit spürbar beeinflusst wird. Am sinnfälligsten und zugleich wirkungsvollsten ist das im Fall der Vorläufer der Armbanduhr, die man früher einseitig, das heißt senkrecht am Körper in speziellen Taschen in der Kleidung trug und bloß ab und zu zum Ablesen der Zeit heraus bewegte.

Ein Wirbelwind, der für Ordnung sorgt

Weil höhere Genauigkeit schon lange vor den ersten Quarz- und Atomuhren ein Desiderat war, zerbrach sich seinerzeit mit Abraham Louis Breguet auch einer der bedeutendsten Uhrmacher aller Zeiten den Kopf. Da er aber weder die Schwerkraft ausschalten, noch von Menschen verlangen konnte, ihre Uhren permanent zu wenden, blieb keine andere Lösung, als für eine ausgleichende Bewegung im Uhrwerk selbst zu sorgen. 1795 gelang Breguet der Durchbruch, 1801 erhielt er das lediglich zehn Jahre währende Patent. Doch die Vermarktung der Uhren mit dem eingebauten Wirbelwind, wie der französische Name Tourbillon wörtlich übersetzt lautet, lief aufgrund der zeitaufwendigen Herstellung nur schleppend an.

Zum Zeitpunkt seiner legendären Erfindung blickte der 1747 in Neuenburg in der Schweiz geborene Breguet bereits auf eine stattliche Reihe von Innovationen zurück, darunter die Tastuhr für Blinde und die erste automatische Uhr, die wie heutige Modelle ihre Energie von einer Schwungmasse bezog. Breguet gereichte seine gute, in Paris erworbene mathematisch-naturwissenschaftliche Ausbildung sehr zum Vorteil, deretwegen ihm die astronomische Herkunft des sich auf die Bewegung der Planeten beziehenden Begriffs Tourbillon bekannt war. Zumal man Uhrwerke quasi als Miniaturmodelle des Kosmos begriff. Überhaupt gilt Breguet fast mehr als Ingenieur der ersten Stunde denn als Uhrmacher.

Ein Käfig für die Schwerkraft

Konkret besteht Breguets berühmtester uhrmacherischer Beitrag in der Ausnutzung der Bewegung des Sekundenrades zur Kompensation des Einflusses der Schwerkraft auf die für die Ganggenauigkeit elementar wichtigen Bauteile Unruh und Anker. Diese sind bei dem originalen Tourbillon in einem auf der Welle des Sekundenrades sitzenden Käfig montiert. Kenner der Materie wissen, dass die Unruh (sie setzt sich aus dem winzigen Schwungrad und der Spirale als Taktgeber zusammen) in Verbindung mit der Hemmung dafür sorgt, dass das Federhaus der Uhr die gespeicherte Energie nicht auf einen Schlag abgibt, sondern langsam getaktet.

220 Jahre nach der Patenterteilung erinnert die von Breguet gegründete Maison mit verschiedenen Events an die Pioniertat. Für den Jahrestag, den 26. Juni 2021, ist zudem eine Neuheit angekündigt. Uhren mit Tourbillon erfreuen sich seit Mitte der 1980er-Jahre wieder wachsender Beliebtheit. Wobei inzwischen einige sogar räumlich um drei Achsen rotieren. Der Einfluss bei den ständig bewegten Armbanduhren ist jedoch gering, weshalb es eher um die Faszination des technisch Machbaren geht. Das war damals nicht so, als Breguet sozusagen durch die Bezwingung der Schwerkraft eine chronometrische Präzision darzustellen vermochte, die Forschern und Entdeckern neue Möglichkeiten eröffnete.

Weitere Informationen:
Montres Breguet S.A.
www.breguet.com

Bildhinweis:
© Breguet

 
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