Anfang 2021 gab Girard-Perregaux die Zusammenarbeit mit Aston Martin bekannt. Doch profitieren die Schweizer Uhren vom Know-how der Briten oder handelt es sich statt um einen echten Designerfolg um reines Styling im Dienste der besseren Vermarktung?

Während Rivale Omega dank ausreichend hoher Lizenzgebühr-Zahlungen seit einem Vierteljahrhundert die offizielle James-Bond-Uhr liefern darf, kann man sich bei Girard-Perregaux neuerdings immerhin rühmen, aufgrund der Zusammenarbeit mit Aston Martin den offiziellen Zeitmesser zum Agenten-Dienstwagen im Programm zu haben. Doch was ist der konkrete Nutzen? Profitieren die Produkte aus La Chaux-de-Fonds vom Know-how der Briten oder ist die Kooperation auf Styling und somit auf Image-Politur im Dienste der besseren Vermarktung beschränkt? Wir haben die Uhr mit einem scharfen Skalpell von seiner Schutzschicht aus Werbeaussagen befreit und verraten im Folgenden, was dabei zum Vorschein kam.

Mechanische Luxusuhren und Sportwagen verbindet, dass beide bewegen. Obschon niemand sie wirklich braucht, halten viele sie für erstrebenswert. Lässt sich die Anziehungskraft einer Uhr daher vielleicht zusätzlich erhöhen, indem man eine Verbindung zu einer begehrten Sportwagenmarke herstellt? Bei Girard-Perregaux ist man offensichtlich dieser Ansicht. Anfang 2021 wurde die Zusammenarbeit mit Aston Martin Lagonda bekanntgegeben.

Das jüngste Ergebnis der Kooperation der beiden Traditionsunternehmen trägt den Namen „Laureato Chronograph – Aston Martin Edition“. Letzterer Namensbestandteil verrät, dass es sich um ein modifiziertes Serienmodell und keine vollständige Neuentwicklung handelt. Das ist nicht unbedingt von Nachteil. Manche Uhren-Aficionados erachten die Laureato-Linie ohnehin als das Spannendste, was die Schweiz in Sachen Luxus-Sportuhren zu bieten hat und ziehen sie der Patek Philippe Nautilus und der Audemars Piguet Royal Oak vor, die beide in den letzten Jahren von einem Hype erfasst wurden.

Wer würde behaupten wollen, dass der Laureato-Chronograph in der Aston-Martin-Edition keine distinguierte Uhr ist? Die typische achteckige Lünette der Laureato ist Geschmacksache. Genau wie das Zifferblatt in „Aston Martin Green“. Bemerkenswert aufwändig verarbeitet ist es auf alle Fälle – und hervorragend ablesbar. Bei Dunkelheit leuchten die Zeiger grün nach. Die Rückseite der Uhr ziert ein großes Logo des Kooperationspartners, was puristisch Veranlagte bei der Betrachtung des wunderbar dekorierten, hochwertigen Uhrwerks stören dürfte. Das Kaliber GP03300-0141 mit automatischem Aufzug verfügt über eine Schwingfrequenz von 28.800 A/h (4 Hz) und eine Gangreserve von 46 Stunden. Geschützt wird es durch ein grundsolides Edelstahlgehäuse, dessen Wasserdichtigkeit mit 100 Metern angegeben wird. Unser erster Kritikpunkt ist das integrierte Band, das die Wahl von Alternativen stark einschränkt.

Nur eine Marketingfantasie?

Im Vergleich hierzu und zu den sportlichen Stahl-Modellen von Rolex ist die Girard-Perregaux Laureato klar unterbewertet und wird von den meisten Menschen nicht erkannt. Zusammen mit der Overseas von Vacheron Constantin und der Defy von Zenith ist sie eine interessante Option für diejenigen, die zwar höchsten Wert auf Qualität legen, jedoch auf die Zurschaustellung finanzieller Potenz verzichten können.

Die Faktenlage passt also zu der Aussage von Marek Reichman, Executive Vice President und Chief Creative Officer von Aston Martin, der erklärte, man würde mit Girard-Perregaux einen gemeinsamen Designansatz verfolgen, der auf diskreten Luxus ausgerichtet ist. Bei der Behauptung, dass die teilweise durchbrochenen Stunden- und Minutenzeiger „absichtlich so gestaltet wurden, dass sie an Rennwagen erinnern, und auf überflüssiges Material verzichten, um eine bessere Leistung zu erzielen“, geht indes die Marketingfantasie mit den Verantwortlichen durch. Die stilistischen Anleihen des Sekundenzeigers an die seitlichen Luftauslässe des Aston Martin DB4, des Vorgängers des berühmten Bond-Dienstwagens, sowie die durchbrochenen Zeiger für die Chronographenfunktionen sind in uhrmacherischer Hinsicht genauso ohne Belang. Nett anzusehen sind diese Details dennoch.

Dasselbe in Grün?

Einen großartigen Anblick stellt auch das Zifferblatt mit seinen sieben Farbschichten „Aston Martin Green“ dar. Die zusätzliche Kreuzschraffur erinnert an ein rautenförmiges Muster aus der Markengeschichte von Aston Martin. An die erste Laureato aus dem Jahr 1975 wiederum soll laut Girard-Perregaux die achteckige Lünette erinnern. Das trifft allerdings auf sämtliche heutigen Modelle der Linie zu.

Neu ist demgegenüber der Sichtboden. Ganz so ungehindert wie der Hersteller es behauptet, ist der Blick auf das Manufakturwerk leider nicht. Ein knappes Drittel des Saphirglases ziert ein Aston-Martin-Logo. Trotz dieses Zugeständnisses an das Co-Branding erkennt man, was der Grund dafür ist, dass Girard-Perregaux sich im Gegensatz zu Rolex an dieser Stelle für Transparenz entschieden hat. Bekanntermaßen sind die Werke der Marke mit dem Krönchen-Logo grundsolide, zur Augenweide fehlen ihnen freilich die Verzierungen. Die Laureato hingegen strotzt vor geperlten Flächen, polierten Kanten, gebläuten Schrauben und Genfer Streifen.

Das Zifferblatt der auf 188 Exemplare limitierten Girard-Perregaux-Sonderedition in Großaufnahme. Gut zu erkennen: die an ein Muster aus der Markengeschichte von Aston Martin angelehnte Struktur. Die Lackierung wird 21-mal aufgetragen, um insgesamt sieben Farbschichten und ein imposant strahlendes Grün zu bilden. Daran gibt es nichts auszusetzen. Unser zweiter Kritikpunkt ist vielmehr die Entscheidung für einen Gehäusedurchmesser von 42 Millimetern. Vielen ist das zu groß.

Styling oder echter Designerfolg?

Die sogenannte Finissage von Uhrwerken ist übrigens ein im doppelten Wortsinne schönes Beispiel für die Verbindung von Ästhetik und Funktion. Entwickelt worden ist sie einstmals keineswegs als oberflächliches Styling, welches  allein das Auge erfreut, sondern vor allen Dingen als Veredelung zum Schutz der empfindlichen Werke. Die besondere Anmutung geht folglich Hand in Hand mit dem praktischen Nutzen, was für die zweite wichtige Funktionseinheit – Zifferblatt und Zeigerspiel – natürlich ebenfalls gilt. Dadurch, dass man eine bekannte und längst gut eingeführte Uhr relativ bemüht mit Zitaten und Anklängen an historische Fahrzeuge in etwas anderes zu verwandeln versucht hat, bleibt die Aston Martin Edition der Laureato unserer Meinung nach aber eine ambivalente Angelegenheit. Es gibt einige gelungene Ansätze, sodass sich das Projekt nicht als reines Styling abqualifizieren lässt. Um andererseits von einem echten Designerfolg sprechen zu können, fehlt noch zu viel. Unsere wesentlichen Kritikpunkte sind trotzdem andere.

Der erste große Minuspunkt ist für uns das integrierte Band, das die Wahl von Alternativen stark einschränkt. Das betrifft natürlich nicht allein die Sonderedition, sondern die gesamte Modellreihe. Unser zweiter Kritikpunkt betrifft die Entscheidung, für das konkrete Modell auf einen Gehäusedurchmesser von 42 Millimetern zu setzen. Vielen ist das zu groß. Außerdem ist der kurz vor der Jahrtausendwende entstandene Trend zu immer größeren Uhren an sich längst beendet. Mitbewerber Rolex zum Beispiel ist bei der legendären Explorer (der Wahl des James-Bond-Schöpfers Ian Fleming) wieder zu bequem tragbaren 36 Millimetern zurückgekehrt, was im Sinne der Tradition doppelt Sinn macht. Das Streben nach kleineren und flacheren Werken hat die Geschichte der Uhrmacherkunst wesentlich geprägt. Wer sich mit den bedeutendsten Uhren des 20. Jahrhunderts befasst, getragen von den wichtigsten Persönlichkeiten und Berühmtheiten, wird fast ausnahmslos auf kleinformatige Uhren stoßen, die ein Höchstmaß an Finesse, Klasse und Eleganz verkörpern.

Fazit: Der feine Unterschied zwischen Design und Styling

Wer ernsthaft designt, fängt im Prinzip mit einem weißen Blatt Papier an und hört mit dem fertigen Entwurf nicht auf, denn entgegen der landläufigen Verwendung des Begriffs unterscheidet sich Design vom Styling – dem bloßen Variieren von Äußerlichkeiten – durch einen ganzheitlichen Ansatz. Der bezieht sogar alles ein, was vor der Herstellung und im Anschluss an die Nutzungsdauer passiert.

Zum Glück sind hochwertige mechanische Uhren bei entsprechender Pflege lebenslange Begleiter und potenzielle Erbstücke, die mit der Zeit nur immer wertvoller werden. Man möge das einmal mit einer Smartwatch versuchen. (Achtung Spoiler: Es ist zwecklos.) Wem grüne Dinge und die Marke Aston Martin gefallen, kann so gesehen bei der Neuheit nichts falsch machen. Wem die Kombination nicht zusagt, findet bei Girard-Perregaux genügend andersfarbige Alternativen voller Designideen statt Styling, die frei sind von Co-Branding; selbst mit kleineren Gehäusedurchmessern, die für viele angenehmer sind.

Weitere Informationen:
Girard-Perregaux
www.girard-perregaux.com

Bildhinweis:
Für alle Fotos gilt: © Girard-Perregaux

 
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