Verteilt das Leben Zitronen, müsse man einfach Limonade daraus machen, wird verschiedentlich behauptet. Eher alkalisch als sauer war jedoch, womit sich einst Rolf Hein in einem Vorort von Tübingen herumschlug. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg machte sich der promovierte Chemiker an die Entwicklung einer Waschlauge, um diese gegen Lebensmittel einzutauschen. Auf Erfindergeist kam es zu dieser Zeit an, Geld hingegen war nichts mehr beziehungsweise noch nichts wert. Bloß wollte es mit der Rezeptur nicht klappen. Statt des erhofften waschaktiven feinen Schaums produzierte Hein lauter Seifenblasen, nicht ahnend, dass es sich um Vorboten eines Welterfolges handelte. Mit ihnen platzte also kein Traum, weil bald darauf fast jedes Kind lernte, Heins Marke Pustefix zu lieben.
Pustefix lässt die Menschen träumen
Wie viel Vergnügen passt in ein schmales Röhrchen? Es war ein genialer Schachzug von Rolf Hein, das vermeintlich untaugliche Mittel nicht einfach wegzuschütten, sondern als Kinderspielzeug zu vermarkten. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn zunächst verkaufte Hein auf dem Wochenmarkt. Dort reüssierten die blauen Aluminiumdosen sogleich, ohne wirklich ausgereift zu sein. Ihr Verschluss aus Naturkork ließ Pustefix beim Transport immer wieder auslaufen, was dazu führte, dass sich die Etiketten ablösten. Zudem griff die Seifenflüssigkeit die als Blasring dienende Federdrahtspirale an.
Gleichwohl traf Pustefix von Anfang an den Nerv der 1950er-Jahre. Kindern für kleines Geld eine riesige Freude machen zu können, war etwas Besonderes. Zumal in einem Land, das nach Träumen und Ablenkung dürstete.
Symbol für Vergänglichkeit
Ältere erinnern sich vielleicht an die ersten mechanischen Pustefix-Bären in den Eingangsbereichen von Spielzeuggeschäften, die schwärmeweise Seifenblasen erzeugten, um Kinder anzulocken. Point-of-Sale-Marketing vom Allerfeinsten. Dabei war es unerheblich, dass wenige Spritzer Spülmittel genügen, um ein ganz passables Surrogat herzustellen. Schließlich kommt es auf den Blasring an. Der besteht längst aus Kunststoff. Ebenso wie die mittlerweile auslaufsicheren Röhrchen. Geblieben sind die blaue Farbe und der heutzutage vergnügter dreinblickende, neu gezeichnete Bär.
Der Wechsel des Materials brachte auch Nachteile mit sich. Die zu große Haltbarkeit der Verpackung schafft ein Entsorgungsproblem und steht im Widerspruch zum Inhalt. Seit Jahrhunderten (und nicht erst seit der Gründung von Pustefix) sind Seifenblasen ein Symbol für Vergänglichkeit. Für uns sind sie darüber hinaus das reizvollste Gegenteil von Design für die Ewigkeit.
Ein universelles Kommunikationsmittel
Paradoxerweise sind Seifenblasen andererseits vollkommen zeitlos. Das erklärt wohl, warum Pustefix im Gegensatz zu vielen anderen großen Erfolgen der Wirtschaftswunder-Jahre nie die Puste ausging. Eine Herausforderung bleibt allerdings: die Demografie. Einige Spielzeughersteller haben gelernt, Erwachsene zur ersatzweisen Zielgruppe zu machen. Vielfach konnten außerdem neue Märkte erschlossen werden.
Pustefix gelang ebenfalls die Expansion ins Ausland. Seifenblasen sind dafür im Grunde sogar prädestiniert. Als ein mit Musik vergleichbares, universelles Kommunikationsmittel verzaubern sie Alt und Jung überall auf der Welt, einerlei ob man die Absenkung der Oberflächenspannung begriffen hat, denen sie ihre kurze Existenz verdanken. Oder die für das farbige Schillern verantwortliche Lichtwellen-Interferenz. Wer mehr weiß erkennt zwar für gewöhnlich mehr. Vor der Magie von Seifenblasen sind wir indes alle gleich.
Weitere Informationen:
PUSTEFIX GmbH
www.pustefix.de
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Das Titelbild entstand unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz