Mit Mark Roes und Michael Bednarik sprachen wir über Workspace Design, New Work und die Arbeitswelt von morgen sowie über ein erfolgreiches Umbauprojekt.

Maihiro ist ein Spezialist für Customer Relationship Management (CRM), Customer Experience (CX) und Commerce. Das Beratungshaus mit Hauptsitz in Ismaning bei München und Standorten in Berlin und Hamburg sowie einer Wiener Tochter wurde 2000 gegründet. Über 180 festangestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter begleiten mehr als 400 Kunden in Marketing, Vertrieb und Service von der Strategie- und Organisationsentwicklung über die Prozessoptimierung, Konzeption und Implementierung bis zum laufenden Betrieb. Das geschieht mit wachsendem Erfolg. Der hatte unlängst zur Folge, dass das Unternehmen seine angestammte „architektonische Hülle“ abwerfen musste.

Der Umzug der Ismaninger Zentrale wurde dazu genutzt, ein neues Bürokonzept zu verwirklichen, welches die veränderten Bedingungen der heutigen Arbeitswelt adressiert. In Wien wird es ebenfalls umgesetzt. Als Partner für die innenarchitektonische Ausgestaltung wählte man das erfahrene Planungsbüro Michael Bednarik aus Rosenheim.

Über die Ausgangssituation, die Zielsetzung und das Ergebnis des Projektes sprachen wir mit Mark Roes, Gründer und einer der drei Geschäftsführer von maihiro, sowie mit Michael Bednarik.

CP: Herr Roes, mal abgesehen von dem Luxusproblem, aufgrund starken personellen Wachstums dringend mehr Platz zu benötigen: Wo drückte an Ihrem alten Standort sonst noch der Schuh?

Mark Roes: Unser alter Standort definierte sich über drei Raumtrakte im Erdgeschoss, die über den öffentlichen Zugang beziehungsweise die Lauffläche zu den Liften und zum Treppenhaus faktisch voneinander getrennt waren. Mit dem neuen Büro wollten wir uns nicht nur vergrößern, sondern durch eine gezielte Raumaufteilung und Architektur die Kommunikations- und Arbeitsprozesse verbessern.

CP: Worin bestehen die wesentlichen Unterschiede gegenüber der bisherigen Umgebung und dem Modus Operandi?

Mark Roes: Wir befinden uns in einem sehr dynamischen, von stetiger Veränderung geprägten und hoch kompetitiven Arbeitsumfeld. Wer in dieser Umgebung mithalten will, muss auch seine Konzepte und Prozesse ständig auf den Prüfstand stellen. Dazu gehört auch, mit dem neuen Büro einen Ort des zukunftsorientierten Arbeitens zu schaffen und unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern somit die perfekten Rahmenbedingungen zu bieten, sich frei und kreativ zu entfalten.

Diesem Zweck dienen die neuen Open Spaces, lichtdurchflutete und transparente Meetingräume sowie Kreativräume. Die transparente Gestaltung fördert vor allem auch ein Arbeiten „out of the box“.

CP: Herr Bednarik, Studien zu herkömmlichen Großraumbüros offenbaren im Prinzip unhaltbare Zustände. Ob allgemeiner Schallpegel, ständige Unterbrechungen und Ablenkungen durch umherlaufende Kollegen, Telefonate, Mails, Instant Messages und so weiter – die Zeit, die konzentriert gearbeitet wird, steht in keinem Verhältnis zur Anwesenheitsdauer. Welche Maßnahmen – zum Beispiel bei der Schallabsorption – haben Sie getroffen, um konzentriertes Arbeiten für alle zu ermöglichen?

Hohe Priorität hatte bei dem Umbau für maihiro neben einer ansprechenden Optik vor allen Dingen auch die Raumakustik, um konzentriertes Arbeiten für alle zu ermöglichen.

Michael Bednarik: Zweifelsohne erfordern moderne Großraumbüros bereits bei der Planung besondere Maßnahmen und setzen auch später ein größeres Miteinander und gegenseitige Rücksichtnahme voraus. Bei diesem Projekt ging es darum, eng zusammenarbeitende Teams bestimmten Bereichen zuzuordnen und in gegenseitigen Austausch zu bringen. Zunächst achteten wir darauf, dass der dadurch entstandene Open Space räumlich und optisch zoniert wurde. Dies geschah durch freistehende, raumhohe Trennwände, die als Pinn- oder Schreibwände verwendet werden.

Wir strukturierten die Gesamtfläche ferner durch eine sinnvolle Platzierung von Einzel- oder Gruppenbüros, in denen typische Einzelarbeiten vollzogen werden. Ebenso durch akustisch abgetrennte Besprechungsräume, die neben offeneren Rückzugszonen auch für temporäres Arbeiten verwendet werden können, wenn hierfür eine höhere Konzentration notwendig ist.

Generell ist es bei Open-Space-Bereichen wichtig, nur das zusammenzubringen, was auch zusammengehört und innerhalb dieser Bereiche unterschiedliche Rückzugszonen zu schaffen, die zusätzliche Alternativen zum eigentlichen Arbeitsplatz bieten.

Natürlich hat bei all diesen Überlegungen die Raumakustik einen äußerst wichtigen Stellenwert. Bei diesem Umbau konnte die vorhandene Abhängdecke, die bereits sehr gute Absorptionswerte aufwies, wiederverwendet werden. Vergrößert man jedoch die Raumflächen, so sind zusätzliche akustisch wirksame Maßnahmen erforderlich, um die gewünschten Nachhallwerte zu erreichen. So haben wir in allen Open-Space-Bereichen hochabsorbierende Deckensegel ergänzend an die Metallpaneel-Decke angebracht, um die Raumakustik zu verbessern. Ebenso wurde auf einen erhöht akustisch wirksamen Teppichboden geachtet.

CP: Was bei den neuen Räumen sofort ins Auge fällt, ist die großzügige Verwendung von dunkleren, wohnlichen Farbakzenten. Bei vielen anderen Projekten verzichtet man bewusst auf erdige Töne, damit der Unterschied zum Zuhause klarer wird. Welche Idee steckt hinter Ihrem Farbkonzept?

Michael Bednarik: Klare Abgrenzung des Arbeitsplatzes zum Zuhause oder wohnliche Atmosphäre? Hier vertrete ich keine generelle Haltung, die eine dieser unterschiedlichen Auffassungen präferiert oder gar bewertet. Das passende Konzept entsteht in der engen Planungszusammenarbeit mit dem jeweiligen Unternehmen, das ich berate. Denn es muss letztendlich abgestimmt sein auf die Unternehmenskultur, Branche, die Hauptmerkmale in deren Tätigkeitsfeldern und die jeweilige Beschäftigtenstruktur.

Standardisierte Planungskonzepte oder der bloße Wunsch des Planers, einmal etwas Neues auszuprobieren, sind zur Festlegung eines individuellen Corporate Designs nicht zielführend. Hier sind eine gründliche Planungsarbeit und ein intensiver Austausch mit dem Unternehmen erforderlich. Der große Vorteil bei maihiro war, dass hier auf ein internes Projektteam sehr viel Wert gelegt wurde. Dieses kannte das eigene Unternehmen und deren Mitarbeiter aus erster Hand.

So haben wir auch am Farb- oder Gestaltungskonzept gemeinsam sehr intensiv gearbeitet. Vieles geschah hier auch oftmals sehr intuitiv. Dieses Gefühl wurde aber eingehend diskutiert und bis zur endgültigen Entscheidung immer wieder hinterfragt. Meine Aufgabe ist es hierbei, zur vorhandenen Grundauffassung Vorschläge zu unterbreiten, diese zu moderieren, in umsetzbare Bahnen zu lenken und dafür zu sorgen, dass das zusammenhängende Gesamtkonzept letztendlich nicht aus dem Auge gerät.

Andere Unternehmen wollen von vornherein von Seiten des Planers mehr Vorgaben erhalten. Aber auch hier geht es darum, das Unternehmen kennenzulernen und ein entsprechendes Konzept zu finden, das dann Corporate Design genannt werden darf.

CP: Inwieweit flossen Wünsche der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darüber hinaus in die Planung der Ausstattung ein? Wie fiel das Feedback nach dem Umzug aus?

Mark Roes: Mit unseren Kreativräumen sind wir dem Wunsch nachgekommen, am Arbeitsplatz der Zukunft mehr Platz für Rückzugsorte und Raum zur Ideengenerierung zu schaffen. Weil uns das Thema Umweltbewusstsein am Herzen liegt, werden wir unseren Fuhrpark zudem nach und nach auf E-Mobilität umstellen und haben schon jetzt entsprechende E-Ladestationen aufgebaut. Im alten Office fehlte es auch an Platz für Teamveranstaltungen oder für ein gemeinsames Mittagessen in größerer Runde. Dieses Problem haben wir mit unserem Casino und der integrierten Showküche aufgefangen.

Die neuen Räumlichkeiten bieten aber auch Platz für Sportangebote im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Viele unserer Beschäftigten nutzen außerdem den Weg zur Arbeit mittlerweile zur sportlichen Aktivität. So sind wir dem Wunsch nachgekommen, eine Duschmöglichkeit zu schaffen.

Bench-Arbeitsplätze und Sitzgruppen sorgen überall bei maihiro dafür, dass Kommunikation wie von selbst stattfindet.

Insgesamt ist der Zuspruch zum neuen Office und der Umsetzung sehr positiv. Natürlich erhalten wir aktuell laufend weitere Rückmeldungen und schauen, an welchen Stellen es aufgrund der Erfahrungen mit den neuen Büroräumen und Arbeitsplätzen noch Optimierungspotenziale gibt.

CP: Offenheit, Transparenz, Leichtigkeit – für manche klingen die Attribute von New Work zu schön, um wahr zu sein. Es gibt Schätzungen, die das Kostensenkungspotenzial moderner Bürolandschaften ohne feste Schreibtische mit bis zu 60 Prozent angeben. Das nährt den Verdacht, dass es beim modernen Workspace Design primär um ganz andere Faktoren geht, als um das Stiften von Wohlbefinden. Was entgegnen Sie Kritikern?

Michael Bednarik: Zunächst würde ich jedem Kritiker recht geben, wenn es hierbei ausschließlich um den Faktor der Kostensenkung geht. Denn inwieweit solche Überlegungen, die alles andere unberücksichtigt lassen, am Ende wirklich aufgehen und in Relation zur unvermeidbaren Unzufriedenheit der Beschäftigten, zu Krankheitsausfällen und Fluktuationen stehen, ist fraglich.

Das Auflösen von Einzel- oder Gruppenbüros zu offenen Flächen muss von ganz anderen und weitreichenderen Überlegungen ausgehen, die zum einen eine Verbesserung der Zusammenarbeit innerhalb von Arbeitsabläufen darstellen und zum anderen den Mitarbeiter nicht außer Acht lassen. Inwieweit diese Strukturierung für das jeweilige Unternehmen mit seinen spezifischen Teilbereichen die richtige Lösung ist, sollte wohl überlegt sein und nicht lediglich anhand von Einsparpotenzial entschieden werden.

Open-Space-Bereiche und keine festen Arbeitsplätze – dies sind für Angestellte ganz gravierende Veränderungen innerhalb ihrer oftmals bisher gewohnten Tätigkeitsausübung. Deshalb ist es wichtig, dass das Unternehmen bereits in der Planung und Entscheidungsfindung hier auch für Kommunikation und Austausch innerhalb des Betriebes sorgt. Darüber hinaus setzen Unternehmen wie maihiro zur Bindung ihrer Beschäftigten verstärkt auf eine ausgewogene Work-Life-Balance. Flexible Arbeitszeiten im Unternehmen und die Möglichkeiten zur Homeoffice-Arbeit stellen deshalb aber anderseits auch einen angestammten, für immer zugewiesen Arbeitsplatz infrage.

Modernes, gut umgesetztes Workspace Design mit seinem Angebot an unterschiedlichen Arbeits- und Ruhezonen, die allen Beschäftigten zur Verfügung stehen, wird den Anforderungen von Denk- und Raumstrukturen heutiger Arbeitsprozesse gerecht. Es erfüllt darüber hinaus auch den Wunsch nach Abwechselung, anstatt in allbekannter Monotonie zu verharren.

Nicht unerwähnt sollten Untersuchungen namhafter Forschungsinstitute bleiben, die im Kreieren von Wohlbefinden am Arbeitsplatz eine erhebliche Steigerung an Motivation, Kreativität, Output und Unternehmensbindung aufzeigen. Investitionen in Wohlbefinden zahlen sich also durchaus aus.

CP: Die Frage, wie die Arbeitswelt der Zukunft aussieht, stand am Anfang Ihres Projektes. Zum Schluss möchten wir Sie beide um eine Prognose bitten, auch wenn man damit bekanntlich vorsichtig sein muss: Wie stellen Sie sich das Zusammenarbeiten in zehn bis fünfzehn Jahren vor? Werden Büros dann überhaupt noch in dem Maße gebraucht oder überwiegen Homeoffice und „Office in the pocket“?

Mark Roes: Die immer stärkeren Spezialisierungen und damit einhergehenden Anforderungen an die sehr gut ausgebildeten Beschäftigten – die keineswegs vor Ort arbeiten müssen –, der Einzug von künstlicher Intelligenz und die Möglichkeiten, Kommunikation in virtuellen, aber atmosphärisch realistischen Welten vornehmen zu können: dies alles macht eine Prognose für einen solchen Zeitraum tatsächlich geradezu unmöglich.

Michael Bednarik: In der bisher überwiegend funktionalen Arbeitswelt werden eine starke und noch bewusstere Hinwendung nach menschlicher Nähe sowie die Sehnsucht nach haptisch erlebbarer und auch sinnlicherer Umgebung mit Sicherheit immer mehr an Bedeutung gewinnen.

Mark Roes: Wir werden außerdem generell vor der großen Aufgabe stehen, Arbeit in Zukunft neu zu definieren und zu klären, welche Bedeutung wir ihr weiterhin geben, um die kommenden Entwicklungen auch gesellschaftlich in humane und soziale Richtungen zu lenken. Man kann aber optimistisch in die Zukunft blicken.

CP: Herr Roes und Herr Bednarik, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Weitere Informationen:

maihiro GmbH
www.maihiro.com

Michael Bednarik
Dipl.-Ing. (FH) Innenarchitektur BDIA
www.m-bednarik.de

Bildhinweis:
Das Titelbild zeigt unsere Gesprächspartner im neuen maihiro-Office (v. l. n. r.): Mark Roes von maihiro und Michael Bednarik, Planer der Innenarchitektur.

 
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