Mit der Historiques 222 feiert eine Luxus-Sportuhr ihr goldenes Comeback, mit der Vacheron Constantin vor 45 Jahren eine neue Richtung einschlug.

Wie kann sich die Schweizer Uhrenindustrie künftig behaupten, wenn die großen Impulse von branchenfremden Unternehmen kommen und primär auf etwas so exotischem wie Software basieren? So oder so ähnlich lautete die Frage, welche die Uhrenszene vor einigen Jahren umtrieb, als die Verkaufszahlen der Apple Watch in die Höhe schnellten. Inzwischen ist klar: Jede einzelne verkaufte sogenannte Smartwatch steigert das Interesse am Tragen von Uhren im Sinne einer Renaissance. Insbesondere unter den jüngeren Menschen griffen viele erstmals zu einer Armbanduhr und waren dadurch nun empfänglich für Modelle, die es ermöglichen, die eigene Persönlichkeit zu unterstreichen. Mit seelenlosen Wegwerfprodukten aus China ist das nämlich ganz und gar unmöglich, egal wie praktisch sie sein mögen.

Ein großes Comeback erlebte die Schweizer Uhrenindustrie schon vor über vier Jahrzehnten. Die billigen Quarzuhren, mit denen Japan den Weltmarkt in den 1970er Jahren überschwemmte, hatten ihren Nimbus rasch verloren. Allen Unkenrufen zum Trotz entwickelt sich die Nachfrage nach hochwertigen eidgenössischen Uhren auch heute wieder glänzend. Traditionelle und werthaltige Produkte stehen hoch im Kurs, auch weil der Wegwerfkonsum den Fortbestand der Menschheit erkennbar bedroht.

Eine Schnapszahl, aber keine Schnapsidee

Ein goldenes Comeback wiederum feiert aktuell ein 1977 eingeführtes Uhrenmodell einer Marke, die Tradition und Wertigkeit wie kaum eine zweite repräsentiert. Man muss sich das einmal vorstellen: Als die Luxus-Sportuhr mit dem Namen „222“ auf den Markt kam, konnte Vacheron Constantin bereits das 222. Unternehmensjubiläum feiern. Die Genfer Manufaktur stammt aus einer vollkommen anderen Zeit. 1755, im Jahre der Gründung, lebten auf der Erde weniger als eine Milliarde Menschen, überall existierten noch unberührte und unerforschte Naturräume, die Ozeane waren fischreich und unvergiftet … Wie gründlich haben wir seitdem den einzigen bewohnbaren Planeten zugrunde gerichtet, den wir kennen.

Mit dem Vorbild der Historiques 222 schlug Vacheron Constantin vor 45 Jahren eine neue Richtung ein. Sportlich-robuste Uhrenmodelle hatte man zuvor überwiegend für bestimmte Berufe und Tätigkeiten entworfen. Flieger- oder Taucheruhren etwa. Jorg Hysek, der Designer der 222, erinnert sich: „Ich wollte einen sowohl eleganten als auch sportlichen Zeitmesser entwerfen und zugleich eine gute Balance zwischen diesen beiden Elementen finden, um der klassischen und verfeinerten Ästhetik von Vacheron Constantin gerecht zu werden.“ Interessanterweise wirken Entwürfe, die vor ein oder zwei Generationen sportlich und leger erschienen, mittlerweile nicht selten elegant und klassisch und eignen sich sogar für formelle Anlässen.

Das Zifferblatt der Historiques 222 trägt die Aufschrift „AUTOMATIC“ mit der alten Typographie. Das Datumsfenster ist vom Rand des Zifferblatts weggerückt, da der Durchmesser des Kalibers im Vergleich zum Vorgängermodell etwas kleiner ist. Der Ablesbarkeit tut das aber gut. In die Schwungmasse des Kalibers 2455/2 wurde das originale 222-Logo graviert, außen wiederholen sich die Kanneluren der Lünette. Typisch für die Haute Horlogerie: handgefaste Rädergetriebe und Brücken mit Genfer Streifendekor sowie eine perlierte Hauptplatine. Das Kaliber 2455/2 arbeitet dank einer Frequenz von 4 Hz (im Vergleich zu 2,75 Hz beim ursprünglichen Modell) präziser und verfügt über eine Gangreserve von 40 Stunden.

Bei der Historiques 222 gibt es viel Licht und ein wenig Schatten

Die Reedition der bis 1985 produzierten Vacheron Constantin 222 ist dem ursprünglichen Modell insgesamt treu geblieben. Geringfügige Veränderungen dienen der Verbesserung des Tragekomforts und der Zuverlässigkeit. Die Historiques 222 kommt in einer angenehm tragbaren Größe von 37 Millimetern und besteht aus 18-karätigem Gelbgold. Das mit knapp acht Millimetern besonders flache und aus einem Stück gefertigte tonneauförmige Gehäuse krönt eine kannelierte Lünette. Ein Sichtboden – ebenfalls mit Saphirglas – erlaubt die Betrachtung des Manufakturkalibers 2455/2. Wie das Vorbild verfügt die Historiques 222 über ein goldfarbenes Zifferblatt mit geraden Indizes und Stabzeigern mit cremefarbener Leuchtmasse. Im Dunkeln leuchtet sie grünlich, was an das seinerzeit bei der 222 verwendete Tritium erinnern soll.

Das integrierte Armband zahlt zu gleichen Teilen auf die sportlich-elegante und robust-funktionale Anmutung ein. Seine Glieder wurden im Dienste des Komforts neu gestaltet. Das passt gut zu dem markenrechtlich geschützten Claim von Vacheron Constantin: „Die Anatomie der Schönheit“. Am Handgelenk gehalten wird die Historiques 222 erfreulicherweise außerdem von einer dreifach statt früher nur zweifach gesicherten Schließe. Dass die Wasserdichtigkeit mit lediglich 50 Metern angegeben ist, enttäuscht hingegen. Im Urlaub zum Beispiel braucht man am Strand und Pool daher einen Plan B. Ob man eine Uhr, die so viel kostet wie eine Weltreise, ständig und an allen Orten tragen sollte, ist aber ohnehin fraglich.

Weitere Informationen:
Richemont Suisse S.A.
www.vacheron-constantin.com

Bildhinweis:
Für alle Fotos gilt: © Vacheron Constantin

 
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