Bevor Sie das Taschenlabel ROSENSTAUB gründete, bereiste Claudia Weingarte 25 Jahre lang als Stewardess die Welt. Die Eindrücke und Erfahrungen, die sie dabei an den verschiedensten Orten sammeln konnte, fließen in ihre Entwürfe ein. Die Inspiration für das Design von Claudia Weingarte ist somit global, während die Fertigung ausschließlich in Deutschland und Italien erfolgt.
Wie definieren Sie gutes beziehungsweise schlechtes Design?
Gutes Design ist eine Symbiose aus Ästhetik und Funktionalität. Es reicht nicht, wenn etwas ausschließlich nach optischen Gesichtspunkten entworfen wird und dann nicht gut funktioniert. Wir persönlich sind darüber hinaus auch absolute Fans von Details. Charles Eames brachte das mit seinem berühmten Zitat genau auf den Punkt: „The details are not the details. They make the design.“
So haben wir in unserer aktuellen Kollektion zum Beispiel mattschwarze Reißverschlüsse von Riri aus der Schweiz verarbeitet. Die sehen nicht nur exzellent aus, sie sind stärker und robuster als ein herkömmlicher Reißverschluss. Man spürt den Unterschied sofort, wenn man den Anfasser zwischen die Finger nimmt. Solche Details sorgen dafür, dass ein Design in seiner Ganzheit konsequent ist.
Was unterscheidet Ihre Entwürfe beziehungsweise Produkte von denen anderer Designer?
Wir lieben es, Materialien zu kombinieren, die man auf den ersten Blick eigentlich nicht miteinander assoziiert: Neopren und Leder. Wir sind aber auch ein farbenfrohes Label. So haben wir in unseren Kollektionen immer auch Farben für mutige Frauen, die etwas anderes wollen als die Klassiker Schwarz und Braun: Neon-Pink zum Beispiel und Camouflage-Prints. Unsere Kundinnen sind häufig sehr selbstbewusste Frauen, deren starke Charaktere wir mit unseren Designs unterstützen möchten.
Wovon lassen Sie sich inspirieren?
Oh, da gibt es einige Designer. Simon Jacquemus bewundern wir für seinen Mut, als 18-jähriger seine Heimat im Süden Frankreichs zu verlassen, um in Paris die Modeschule zu besuchen, die er nach wenigen Monaten bereits wieder verließ, um sein eigenes Label zu gründen. Das ist in sehr kurzer Zeit wahnsinnig erfolgreich geworden.
Jerry Lorenzo vom Label „Fear of God“ finden wir einen herausragenden Designer, dem es gelingt, Kreationen zu schaffen, mit denen man zu jeder Gelegenheit angemessen gekleidet ist und sich darin wohlfühlt. Seine Fear-of-God-Linie wurde in Italien gefertigt. Dabei kam neben Wolle auch Kaschmir zum Einsatz. Dementsprechend ist seine Linie eher hochpreisig. Wenn man dann aber eine Hose besitzt, die nicht nur an hohen Feiertagen aus dem Schrank geholt wird, sondern eigentlich täglich zum Einsatz kommen kann, hat man ein riesiges Einsatzspektrum für dieses eine Produkt. Auch das macht gutes Design aus.
Tomas Maier schuf bis 2018 als Chefdesigner bei Bottega Veneta Designklassiker aus Leder im handgeflochtenen Intrecciato-Stil. Man erkennt eine Bottega-Veneta-Tasche an der Technik, mit der sie geschaffen wurde, ohne dass es dazu ein prägnantes Logo braucht. Das ist Kunst.
Welchen Aspekt Ihrer Arbeit schätzen Sie am meisten?
Kreativität ausleben zu können und dann zu sehen, wie etwas, das zunächst nur in deiner Vorstellung existierte, tatsächlich entsteht.
Mit welchen Materialien arbeiten Sie am liebsten?
Für unsere Designs verwenden wir sorgfältig ausgewähltes Neopren mit seinen isolierenden, wasserabweisenden Eigenschaften. Nicht jedes Neopren eignet sich für die Herstellung von Handtaschen. Während ein Taucher– oder Surfanzug maximal elastisch sein muss, damit er sich dem Körper perfekt anpasst, ist es für unsere Verwendung von Vorteil, wenn das Material seine Form möglichst behält. Inzwischen haben wir unseren Pool an Stoffen, der die Basis bildet für unsere Kollektionen. Wir sind aber stets offen für neue Innovationen. So haben wir im März dieses Jahres unsere erste Yulex-Linie vorgestellt. Yulex besteht aus einem Naturkautschuk, der nachhaltig und behutsam aus Baumrinde gewonnen wird.
Welcher Ihrer Entwürfe ist Ihr Favorit und warum?
Das ist eine schwierige Frage! Welches deiner Kinder ist dein Liebling? Haha! Im Moment hat es mir selbst die Laptop-Bag in Camouflage angetan. Das ist ein Eyecatcher! Trotzdem schick und minimalistisch. Da treffen Gegensätze aufeinander, das fasziniert mich.
Was bedeutet Nachhaltigkeit für Ihr Design?
Das beginnt eigentlich schon beim Produktionsprozess. Wir glauben an den unschätzbaren sozialen Wert und die unnachahmliche Qualität des regionalen Handwerks. Deshalb werden Rosenstaub-Taschen in familiär geführten Manufakturen in Deutschland und Italien gefertigt. Die Qualität der Verarbeitung und die langlebigen Materialien sind ideale Voraussetzungen dafür, dass unsere Bags eine lange Lebensdauer erreichen. Wir entwerfen auch nicht nach Saisons. Wir wollen nicht die meisten Taschen verkaufen, sondern die besten.
Wenn Sie sich nicht mit Design beschäftigen würden, wären Sie …
Bei mir ist es eigentlich genau andersherum. Den Traumberuf meiner Jugend habe ich 25 Jahre lang erlebt.
Gibt es ein Zukunftsprojekt, über das Sie sprechen können?
Wohl noch mehr ein Wunsch als ein Projekt: Wir kommen aus Frankfurt am Main. Unsere Nachbarstadt, Offenbach, war früher ein Zentrum der Lederindustrie. Heute ist davon kaum noch etwas übrig. 99 Prozent der Lederwaren in Deutschland werden importiert – eine Folge der Verlagerung der Produktionen ins Ausland, vor allem in Niedriglohnländer in Asien. Wenn es uns gelingt, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass der Luxus eines solchen Stücks auch darin besteht, zu wissen, unter welchen Bedingungen es gefertigt wurde, könnte das vielleicht dazu beitragen, die eine oder andere lokale Manufaktur wiederzubeleben. „Shop local“ rückt aktuell ja immer mehr in den Fokus. Warum nicht auch „make local“?
Weitere Informationen:
ROSENSTAUB e.K.
www.rosenstaub.com