Mit der Natur statt gegen sie zu bauen, das ist angesichts des Klimawandels das Gebot der Stunde. Wie das geht, lässt sich von pedevilla architekten lernen. Im Bild zu erkennen: das hochalpine Vollholz-Wohnhaus namens ciAsa im Südtiroler St.Vigil.

Erderwärmung, Rohstoffverknappung, Bevölkerungsexplosion … Mit dem Bauen kann es nicht so weitergehen wie bisher. Häuser und Städte sind noch immer mehrheitlich Teil eines wachsenden Problems. Doch sie könnten ebenso gut Teil der Lösung sein. Neue Vorbilder und Betrachtungsweisen müssen her. Und das möglichst schnell, denn das Zeitfenster zum Handeln schließt sich. Jüngst wurden wir auf einige äußerst lohnende und erwähnenswerte Ansätze aufmerksam, über die wir im Folgenden berichten wollen. Entdeckt haben wir sie bei pedevilla architekten aus Südtirol.

In der Rangliste der Umwelt- und Klimasünder steht die Baubranche weit oben. Als Gründe lassen sich unter anderem die unmittelbaren Folgen ihres Rohstoffhungers anführen. Der lässt zum Beispiel weltweit Strände aufgrund des riesigen Sandbedarfs verschwinden. Mit die größten klimaschädlichen Emissionen verursacht die Zementherstellung. Hinzu kommen die Konsequenzen falschen Bauens. Über sie wird nach wie vor kaum gesprochen. Dabei versiegeln Städte immer größere Teile der Landfläche der Erde – mit spürbaren Auswirkungen. Zu ihnen zählen Störungen des natürlichen Wasserhaushalts und die verstärkte lokale Erwärmung. Ergo wird an vielen Orten in Folge des Klimawandels das Überleben ohne Klimaanlagen bald unmöglich sein. In einigen Regionen ist das bereits der Fall.

Bei pedevilla architekten setzt man auf tradierte Konzepte für eine bessere Zukunft

Wenn wir uns – freilich mit riesiger Verspätung – auf die an Dystopien erinnernde Welt von morgen vorbereiten wollen, müssen wir Gebäude und Städte neu denken. Und zwar im Kontext. Es ist nötig zu verstehen, welche Rolle jedem einzelnen Haus im Gesamtsystem Stadt zukommt. Nur: Wie gelingt der Bewusstseinswandel und woher kommen neue Ideen für ein anderes Bauen? Antworten geben können die vielen kreativen und engagierten jungen Menschen, die hoffnungsvoll daran arbeiten, die Fehler früherer Generationen beim Bau und der Städteplanung zu korrigieren. Eine Reihe zukunftsweisender Ansätze entdeckten wir bei pedevilla architekten aus Bruneck in Südtirol. Interessanterweise greifen diese teilweise auf überlieferte Methoden der traditionellen Handwerkskunst zurück, die zu bewahren und wiederzuentdecken sich ganz offensichtlich lohnt. In mancherlei Hinsicht war die Menschheit nämlich schon einmal weiter.

Ist die Wirkungsstätte, ein Ansitz aus dem 15. Jahrhundert, der Grund dafür, dass man sich bei pedevilla architekten so intensiv mit fast vergessenen Bauweisen beschäftigt? Bauen, das ganze Leben und die Natur bildeten einstmals einen weitreichenden Einklang. Den hiermit verbundenen ökologischen, sozialen und kulturellen Aspekten ist man sich in dem international ausgerichteten Architekturbüro bewusst. Für das zehnköpfige Team um die beiden Brüder und Unternehmensgründer Armin und Alexander Pedevilla sind die Einbindung eines Gebäudes in vorhandene örtliche Strukturen und das Eingehen auf die jeweiligen Temperatur- und Klimaeinflüsse wichtige Faktoren bei jedem Projekt und bei allen planerischen Entscheidungen. Ein sehenswerter Beleg hierfür findet sich im Südtiroler St. Vigil und trägt den Namen ciAsa (rätoromanisch für Haus).

Ein Traum in Vollholz: ciAsa vereint traditionelle Bauweisen und moderne Formen. Ein Meisterwerk von pedevilla architekten, das sich harmonisch in die Landschaft einfügt und dennoch herausragt.

Lokale Gegebenheiten berücksichtigen, jahrtausendealtes Wissen erhalten

Bei ciAsa handelt es sich um ein hochalpines Vollholz-Wohnhaus, das ohne giftige Bauchemie und nahezu ohne synthetische Materialien und Kunststoffe auskommt. Die drei oberirdischen Geschosse bestehen komplett aus Holz von Bäumen, die ein schweres Unwetter 2018 in den umliegenden Wäldern umwarf. Die Außen- und Innenwände sind frei von Kleber und Harzen aus massiven Fichtenholzdielen zusammengefügt und exakt so verbaut, wie die einzelnen Bäume gewachsen waren. Die innere Schicht wiederum ist aus massivem, von Hand gehobeltem Zirbelholz. Das verleiht den Räumen eine wohlig warme Atmosphäre. Eine alte lokale Tradition. Die großzügige Stärke der Außenwände von 36 Zentimetern sorgt für einen sehr niedrigen Wärmeübertragungswert, der es erlaubt, auf zusätzliche Dämmung zu verzichten.

Außen fügt sich das Holzhaus harmonisch in die Umgebung ein – eine Anhöhe, direkt an einer Thermalquelle, umgeben von den Gadertaler Dolomiten. Seine aufstrebende Form ist zugleich markant und von weitem sichtbar. Das Dach und die Fassade bilden eine ungewöhnliche Einheit. Ihre vollständig mit handgespaltenen Lärchenschindeln verkleidete Oberfläche erinnert an die Zapfen von Nadelbäumen. Aber nicht bloß mit der Holzbauweise hat man die lokalen Gegebenheiten berücksichtigt. Für die Böden und Bäder wurden ebenfalls natürliche, lokale Materialien verwendet: Dolomitfindlinge aus den nahen Bergen. Und sogar der Beton für das Untergeschoss besteht aus Dolomitgestein des vorbeifließenden Baches, angereichert mit hauseigenem Thermalwasser.

Interior Design wird hier quasi überflüssig. Das Zirbelholz ist der Star – natürlicher Minimalismus vom Feinsten.

Wie wichtig pedevilla architekten ein ganzheitlich nachhaltiger Ansatz ist, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass man für ciAsa ausnahmslos auf Menschen aus der Gadertaler Handwerkerschaft gesetzt hat. Solche Aufträge sind ausgesprochen hilfreich. Durch sie können lokale Traditionen erhalten und weitergeführt werden. Bedroht ist das jahrtausendealte Wissen durch die zunehmende Standardisierung von Neubauten und eine Bauindustrie, die Häuser bislang mehrheitlich einzig aus der Perspektive der Gewinnmaximierung als egoistische, ja quasi asoziale Einzelobjekte betrachtet.

Fazit

Das durch Aqua Bad Cortina hotel & thermal baths in Auftrag gegebene ciAsa ist lediglich eines von zahlreichen Projekten von pedevilla architekten, von denen man viel lernen kann. Es gibt Lösungen für die drängenden Probleme unserer Zeit. In der Fortschreibung einer kalten Hochglanzarchitektur finden wir sie nicht. Mit der Natur statt gegen sie zu bauen – das ist vielmehr das Gebot der Stunde. Rücksichtnahme auf die Umwelt und natürliche Gegebenheiten, das Denken in Kreisläufen, ein anderes Verständnis für die verwendeten Materialien, ihre Haltbarkeit und Lebensdauer – darauf kommt es jetzt an. Nebenbei senken tradierte Bauweisen die Kosten. Allein das Beispiel Lärchenholz beweist: Die Erde schenkt uns Werkstoffe, die ohne Behandlung witterungsbeständig und dauerhaft sind und im Laufe der Jahre mehr und mehr Patina und dadurch Charakter, Charme und Schönheit gewinnen. Die ubiquitären Betonwürfel in unseren Städten sehen im Vergleich dazu alsbald einfach nur alt aus.

Weitere Informationen:
pedevilla architekten
https://pedevilla.info

Bildhinweis:
Für alle Fotos gilt: © Gustav Willeit / pedevilla architekten

 
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