Auch beim TÜV-Verband setzt man sich heutzutage für Ökodesign beziehungsweise Sustainability by Design ein und fordert ein entsprechendes Prüfzeichen, das Auskunft gibt über Langlebigkeit und Reparierbarkeit. Symbolbild.

Damit Dinge in Bewegung kommen, braucht es zumeist Druck. Das gilt nicht allein im übertragenen Sinne. In der Welt des Arbeitens und Produzierens sorgten im vorletzten Jahrhundert Dampfkessel dafür, dass die Räder des Fortschritts anfingen, sich mit ehedem ungekannter Geschwindigkeit zu drehen. Kehrseite der Medaille: die vielen tragischen Dampfkesselexplosionen. Sie zu verhindern war Ziel der Einrichtung regionaler Dampfkessel-Überwachungsvereine (DÜV). Als sich diese kurz nach Gründung des Deutschen Reiches im Rechtsvorläufer des heutigen TÜV-Verbandes zusammenschlossen, konnte niemand die heutige Fülle an (Überwachungs-)Aufgaben erahnen. So setzt man sich inzwischen sogar für Ökodesign beziehungsweise Sustainability by Design ein.

Sustainability by Design zunehmend wichtig für Kaufentscheidungen

Juliane Petrich, Referentin Politik und Nachhaltigkeit beim TÜV-Verband, erklärte in dem Zusammenhang jüngst: „Elektronische Geräte sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Doch diese Abhängigkeit hat ihren Preis – insbesondere für das Klima und die Umwelt. Deshalb werden Nachhaltigkeitskriterien beim Kauf technischer Geräte neben traditionellen Faktoren wie Leistung, Preis und Sicherheit zunehmend wichtiger.“

Angaben des Statistischen Bundesamtes zufolge richten mittlerweile 20 Prozent der Internetnutzenden beim Kauf digitaler Geräte die Aufmerksamkeit auf deren Energieeffizienz und neun Prozent auf umweltfreundliches Produktdesign. Für Jüngere ist Sustainability by Design noch wichtiger. Zwölf Prozent der Menschen im Alter zwischen 16 und 24 achten aktuell auf Ökodesign. „Dem Wunsch nach nachhaltigen Produkten sollten Hersteller konsequent nachkommen und Endgeräte so produzieren, dass negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt drastisch reduziert werden“, kommentiert Juliane Petrich.

Gesetzliche Vorgaben für Sustainability by Design

Auf Seiten der EU-Gesetzgeber diskutiert man momentan Vorgaben für Sustainability by Design. Hierzu Juliane Petrich: „Für Produkte, die auf den europäischen Markt gelangen, sollten soziale und ökologische Mindeststandards gelten, zum Beispiel keine Kinderarbeit, faire Löhne, ein geringer CO2-Fußabdruck und geringer Ressourcenverbrauch. Die derzeitigen Bestrebungen zur Schaffung eines EU-weiten Sorgfaltspflichtengesetzes sind daher zu begrüßen, auch im Sinne einer ökologisch und sozial gerechten Kreislaufwirtschaft. Wichtig dabei ist, dass die EU-Regelungen nicht hinter die bereits bestehenden nationalen Gesetze in Frankreich, den Niederlanden oder Deutschland zurückfallen.“

Die EU-Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission hatten sich im November 2022 auf neue Ökodesign-Regeln für Smartphones, Tablets, Mobiltelefone und schnurlose Telefone geeinigt. Hintergrund: Hersteller dieser Produkte müssen erstmals bestimmte Ersatzteile und Reparaturinformationen zur Verfügung stellen sowie Software-Updates gewährleisten. Petrich: „Die geplante Ökodesign-Verordnung ist ein wichtiger Schritt. Zudem soll über ein ganzes Maßnahmenbündel das Recht auf Reparatur in der EU entstehen. Leider hat die EU-Kommission den eigentlich für November angekündigten entsprechenden Gesetzesvorschlag verschoben.“

Nachhaltige Kreislaufwirtschaft gefordert

Sehr viel Aufschub duldet das Thema nicht mehr – die Zahlen zeigen es. „In Deutschland werden Elektrogeräte im Durchschnitt nur zwei Jahre lang verwendet, obwohl die meisten davon noch voll funktionsfähig sind“, betont Juliane Petrich, die den Wandel bei der Gestaltung von Massenprodukten dahingehend verlangt, dass diese möglichst lange halten und sich reparieren lassen. Indem Petrich darüber hinaus vom Gesetzgeber die Etablierung eines Prüfzeichens fordert – der Vorschlag lautet „Ready for Repair“ –, lässt das die Motivation des TÜV-Verbandes erkennen. Die Technischen Überwachungs-Vereine (TÜV), die der TÜV-Verband vertritt, haben sicherlich nichts gegen ein zusätzliches Betätigungsfeld einzuwenden. Bei vernünftiger Ausgestaltung und regelmäßiger Kontrolle könnte ein Prüfzeichen allerdings dem Ökodesign respektive Sustainability by Design durchaus einen großen Aufschwung verleihen.

Aber selbst ohnedies haben Konsumierende – um noch einmal auf den Anfang zurückzukommen – natürlich schon jetzt die Macht, den nötigen Druck auf Hersteller auszuüben, damit diese endlich mit der Produktion von minderwertigen und schädlichen Wegwerf- und Quasiwegwerfprodukten Schluss machen. Wir sehen das so: Jede einzelne Kaufentscheidung ist Teil einer Abstimmung über die Frage, in welcher Welt wir künftig leben wollen – und unsere Nachkommen hiernach leben müssen.

Weitere Informationen:
TÜV-Verband e. V.
www.tuev-verband.de

 
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