Mit dem Saarvenir glauben die Verantwortlichen ein attraktives Souvenir für das Saarland vorgestellt zu haben. Ging der Schuss nach hinten los? Foto: Tourismus Zentrale Saarland GmbH

So etwas wie schlechte Publicity existiere nicht, soll der US-Politiker und Geschäftsmann P. T. Barnum einmal behauptet haben. Ob das stimmt, ist umstritten. Als Kommentar zu der kürzlich erfolgten Präsentation eines offiziellen Souvenirs für das Saarland scheint der bekannte Satz jedenfalls gut geeignet. Die Reaktionen von Presse und digitaler Öffentlichkeit auf das Saarvenir fielen überwiegend skeptisch bis spöttisch aus. Immerhin aber fand das aus nicht weniger als acht Sehenswürdigkeiten beziehungsweise regionalen Spezialitäten zusammengefügte skulpturale Konglomerat Beachtung. Alles andere als eine Selbstverständlichkeit in reizüberfluteten Zeiten wie diesen.

Von Wurst und Saarschleife umschlungen wie Laokoon

„Es ist einzigartig, ikonisch und außergewöhnlich. Wie das Saarland eben“, beschreibt der saarländische Wirtschaftsminister Jürgen Barke dieses Ding, das nicht nur wegen seiner grauen Farbe aussieht, als komme es aus einer anderen Welt. Von stilisierter Saarschleife und Lyoner Wurst quasi umschlungen wie die antike Laokoon-Gruppe von der Schlange, vereint das Saarvenir das ehemalige Eisenwerk und heutige UNESCO Weltkulturerbe Völklinger Hütte, das an den Steinkohlebergbau erinnernde Saarpolygon, das von einer Bronzekanne aus dem Grab einer keltischen Fürstin stammende Reinheimer Pferd, die Benediktinerabtei St. Mauritius (sie gilt als ältestes Kloster auf deutschem Boden), ein Fahrradschild (nicht ganz so typisch für das Saarland) sowie den Förderturm des ehemaligen Bergwerks Grube Reden zu – ja zu was denn eigentlich?

Die Köpfe hinter dem Saarvenir sprechen vom einzigen Souvenir der Welt, das aus mehreren Objekten besteht. Man kann dem begeistert zustimmen oder sich an ein wenig schmeichelhaftes Motto erinnert fühlen: „Im Dutzend billiger.“ Oder man quittiert die als 3D-Druck oder Aufdruck auf Tassen und anderen Gegenständen erhältliche Assemblage in der typischen Manier von Heinz Becker alias Gerd Dudenhöffer – einem weit über die Landesgrenzen bekannten Saar-Original – mit den Worten: „Jo, geh’ fort.“

Das Saarvenir ist nicht schön, aber selten

Ist das Saarvenir gemäß dem Eingangszitat bloßer PR-Stunt oder unbeholfene Liebesbekundung? Kaum gewürdigt wurden bislang das kreative und einprägsame Kofferwort und die Tatsache, dass es sich beim Saarvenir keineswegs um einen „zusammengequetschten Haufen“ handelt, wie es hier und da heißt. Wenngleich vielleicht nicht zum optisch guten Ende geführt, stellt dieser merkwürdige Fall von E pluribus unum eine technisch sinnvolle Form dar. Wodurch das Saarvenir erst einigermaßen herstell- respektive abbildbar wird. Angesichts der unerhörten Komplexität ist das für sich schon eine beachtliche Leistung. Und wenn es schon anders als bei Freiheitsstatue oder Eiffelturm mit dem Pars pro toto nicht klappt, hat das Saarland jetzt zumindest ein eigenes unverwechselbares Mitbringsel.

Oder ist die Evolution noch nicht abgeschlossen und es wächst irgendwann zusammen, was auf den ersten Blick nicht zusammengehören will? Mit dieser Vermutung wären wir zwar nicht ganz bei Willy Brandt, dafür aber erneut bei P. T. Barnum. Als Schausteller faszinierte dieser im New York des 19. Jahrhunderts die Massen mit einem gruseligen Etwas, das aus dem Oberkörper eines Affen und einem Fischleib bestand. Von seiner „Fidschi-Meerjungfrau“ lässt sich lernen, was die für das Saarvenir Verantwortlichen scheinbar bereits wissen: Attraktionen müssen nicht schön sein. Es reicht, dass eine Sache selten ist. In diesem Sinne wünschen wir dem Saarvenir Erfolg. Falls es mehr Menschen für die Vielfalt des Saarlandes empfänglich macht, war die Viertelmillion an Steuern, die die Aktion dem Vernehmen nach ungefähr gekostet hat, gut investiert.

Nachtrag vom 28. Mai 2023:
Inzwischen wurde verschiedentlich berichtet beziehungsweise moniert, man habe sich bei der Saarschleife vertan und diese spiegelverkehrt dargestellt. Wir meinen: Sollte es zu einer Überarbeitung kommen, könnte sich das auf die erste Produktgeneration eventuell wertsteigernd auswirken (man denke an die Philatelie). Hübscher machen würde die Korrektur der Panne das Saarvenir hingegen vermutlich nicht.  

Weitere Informationen:
Tourismus Zentrale Saarland GmbH
www.saarvenir.de

Bildhinweis:
© Tourismus Zentrale Saarland

 
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