Nadine Kümmel gründete 2015 in Mainz ein nach ihr benanntes Design-Studio mit den Schwerpunkten Möbeldesign, Raumkonzepte und Nachhaltigkeit. Besonderen Wert legt die Designerin auf Benutzerfreundlichkeit und eine die Emotionen ansprechende Ästhetik. Nadine Kümmel engagiert sich für den Wandel hin zur Kreislaufwirtschaft und ist Vorstandsmitglied bei Cradle to Cradle e. V. Mainz.
Nach ihrem Studium der Fächer Interior Design und Produktdesign in Mainz und Melbourne war Nadine Kümmel zunächst als Designerin und Projektmanagerin für Expotec tätig. Bei dem Messebau- und Veranstaltungsunternehmen widmete sie sich Projekten für Kunden wie Seat, EON und JUWI. Zu dieser Zeit begann Nadine Kümmel, ihre ersten unabhängigen Projekte in den Bereichen Möbeldesign und Innenarchitektur zu verwirklichen. Nach einem Abschluss in Sustainable Design am Minneapolis College of Art and Design spezialisierte sie sich weiter in diese Richtung.
Wir sind auf Nadine Kümmel als eine Designerin aufmerksam geworden, die in der Lage ist, durch oftmals subtile Interventionen eine große Wirkung zu erzielen – sowohl im Sinne des Gebrauchswertes als auch im Hinblick auf die Anmutung. Das verlangt zum einen eine klare gestalterische Vision und zum anderen das profunde Durchdringen technischer und werkstofflicher Möglichkeiten. Dass Nadine Kümmel diese Fähigkeiten mit einem stark ausgeprägten Sinn für die Bedeutung der Nachhaltigkeit als historische Notwendigkeit verbindet, macht sie zu einer Gestalterin, wie die Welt sie heute braucht.
Wie definieren Sie gutes beziehungsweise schlechtes Design?
Gutes Design ist für mich immer noch ganz klassisch durch den Anspruch und die Designprinzipien von Dieter Rams definiert, wobei ich das „Form follows function“ ergänzen würde und sage, dass emotionale Ästhetik auch eine Funktion für mich ist. Eine Funktion, die neben den eher technischen Aspekten oft für den Nutzer den Ausschlag gibt, ob er ein Produkt nutzt oder nicht. Bei gutem Design muss alles zusammenspielen.
Was unterscheidet Ihre Entwürfe beziehungsweise Produkte von denen anderer Designer?
Ich denke, es ist der Designansatz, den ich gerade beschrieben habe. Ich möchte Produkte schaffen, die das Leben verbessern und langlebige Begleiter sind. Wie ein guter Freund, der mir in der einen oder anderen Lebenslage eine Hand reicht. Ich bin eher der schlicht-zeitlose Typ und orientiere mich bei meiner Stilfindung an Richtungen, die Trends überdauern. Das ist auch meine Variante der nachhaltigen Gestaltung. Ich möchte langfristige Werte schaffen. Ein kleiner Trick ist hierbei, dass ich oft einen multifunktionalen Ansatz verfolge, um dem Nutzer die Möglichkeit zu geben, meine Produkte vielfältig einzusetzen. Denn bei aller Langlebigkeit soll ja keine Langeweile aufkommen.
Wovon lassen Sie sich inspirieren?
Ich lasse mich eigentlich von meiner gesamten Umgebung inspirieren. Alles, was ich sehe, hat potenziell die Möglichkeit, in eine Designidee einzufließen. Oft klappt das am besten, wenn ich an einem bestimmten Projekt arbeite. Man kann den Ideenprozess ja nicht einfach stoppen. Vielmehr ist es so, dass man den Entwicklungsprozess ständig mit sich trägt. Im Hinterkopf werden ständig neue Puzzleteile hinzugefügt und weggenommen, bis alles passt. Das Schöne ist, dass ich mit der Zeit gelernt habe, Inspirationen und Eindrücke gezielt abrufen zu können. Das heißt, wenn ich konkret am Schreibtisch an einem Projekt arbeiten möchte, muss ich nicht mehr warten und hoffen, dass mich die Muse küsst. Ich fange an und nach kurzer Zeit fließen die Ideen in den allermeisten Fällen ganz von alleine.
Welchen Aspekt Ihrer Arbeit schätzen Sie am meisten?
Ich schätze sehr viele Aspekte, aber wenn ich mir etwas aussuchen soll, wäre es wahrscheinlich, dass ich mit meiner Arbeit – also mit der Gestaltung von Produkten oder Räumen – etwas erschaffe und einen Prozess oder vielleicht sogar ein Leben positiv beeinflussen kann, indem ich ein Problem löse oder eine wunderbare Emotion hervorrufe, die glücklich macht.
Mit welchen Materialien arbeiten Sie am liebsten?
Ich liebe die puren Materialien Holz, Metall, Glas … In meinen Designs versuche ich diese in ihrer ursprünglichen Form einzusetzen. Das hat natürlich etwas mit Ehrlichkeit und dem traditionellen Handwerk zu tun, von dem ich immer wieder begeistert bin. Aber auch mit dem Nachhaltigkeitsaspekt. Ich möchte, dass in meinen Designs der Respekt für das Material selbst zum Ausdruck kommt. Ein weiterer Punkt ist, dass ich darauf baue, dass wir in der Zukunft bessere Systeme entwickeln, um unsere Ressourcen wiederzuverwenden. Noch hakt es oft an den Abläufen und natürlich den logistischen Herausforderungen, aber es müssen Lösungen gefunden werden. Ich denke, dass jeder in seinem Fachgebiet beginnen sollte. Wenn es möglich ist, sollte man Materialien so einplanen, dass sie nach ihrem ersten Leben das Potenzial zu einem zweiten oder dritten haben, weil sie eben nicht zum Beispiel fest verklebt werden.
Welcher Ihrer Entwürfe ist Ihr Favorit und warum?
Meistens der Entwurf, an dem ich gerade arbeite. Die Entwicklung und Lösungsfindung machen mir einfach Freude. Wenn dann noch eine gute und offene Kommunikation mit dem Hersteller dazukommt, bin ich rundum glücklich.
Was bedeutet Nachhaltigkeit für Ihr Design?
Nachhaltigkeit hat ja sehr viele Aspekte. Ich selbst habe mich neben meiner Selbstständigkeit intensiv damit beschäftigt und ein Onlinestudium im Masterstudiengang „Sustainable Design“ am Minneapolis College of Art and Design absolviert. Ein komplett nachhaltiges Konzept ist allerdings immer noch sehr schwer umsetzbar. In erster Instanz muss natürlich die Funktionalität, zu der ich auch die Ästhetik zähle, gewährleistet sein. Dann Langlebigkeit, Ressourcenschonung und Wiederverwendbarkeit. Wenn wir den Wert eines Produktes transportieren können und die Menschen das, was sie bekommen, schätzen, werden Sie es gut behandeln und nicht nach einer Saison austauschen wollen. Sozusagen ein Lieblingstück-Effekt.
Wenn Sie sich nicht mit Design beschäftigen würden, wären Sie …
Gute Frage und nicht leicht … Als junges Mädchen wollte ich lange Medizin studieren, aber im Moment denke ich eher, dass ich vielleicht als Projektmanagerin oder in Sachen Mädchenbildung unterwegs wäre. Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich auch gerne den Bereich nachhaltige Konzeption und Beratung ausbauen. Das ist ein winziger Teil meiner Tätigkeit, aber er hat natürlich auch sehr viel mit dem Erschaffen und Verbessern zu tun. Es ist wohl gut, dass ich mich nicht entscheiden muss.
Gibt es ein Zukunftsprojekt, über das Sie sprechen können?
Bei mir sind gerade einige Projekte in der Pipeline, worüber ich mich natürlich sehr freue. Aber als Designer weiß man, dass der Weg vom Entwurf zum fertigen Produkt auf dem Markt mitunter ein langer sein kann. Es kann immer viel passieren, weshalb ich lieber noch nichts sage.
Weitere Informationen:
Nadine Kümmel
Produktdesign – Konzeption – Innenraumplanung
www.nadinekuemmel.de