Als vor 100 Jahren der „Tanzbär“ als „Urvater“ aller Gummibären erfunden wurde, konnten sich nur wenige Süßwaren leisten. Heute ist alles zu viel geworden. Im Bild zu sehen: die weltbekannten Goldbären von Haribo, die 1960 eingeführt wurden.

Ist es eine Bärin oder ein Bär? Ist das überhaupt eine sinnvolle Frage im Zusammenhang mit einem eineinhalb Zentimeter großen Stückchen Fruchtgummi? Keine Angst, wir wollen mit unserer Würdigung des Gummibären als Designklassiker niemandem einen Bären aufbinden. Von dieser umgangssprachlichen Wendung nimmt man übrigens an, dass sie entstand, weil es als unmöglich galt, jemandem tatsächlich unbemerkt einen lebendigen Bären auf den Rücken zu binden. Vor der unmerklichen Gewichtszunahme durch Gummibären müssen wir hier wohl ebenso wenig warnen. Vieles ist einfach aus dem Ruder gelaufen: Die weltweite Herausforderung der massiven Zunahme von Adipositas mit den bekannten Folgeerkrankungen wie Typ-2-Diabetes, die Unmengen an Plastiktütchen, von denen wer weiß wie viele im Meer landen; die Emissionen, die beim Transport entstehen und so weiter.

War es vielleicht besser, dass sich vor 100 Jahren, als der „Tanzbär“ als „Urvater“ aller Gummibären erfunden wurde, nur die wenigsten Süßigkeiten leisten konnten? So hat eben jede Zeit ihre Sorgen und ihren Reiz …

Da tanzt der Bär … Der 1922 erfundene „Tanzbär“ war noch deutlich größer als die 1960 eingeführten Goldbären von Haribo.

Kleiner Bär – ganz groß

Unbeschwert fröhlich und sympathisch sehen sie schon aus, die Gummibären. Und zwar so sehr, dass sie sogar in groß funktionieren. Etwa als Gummibären-Verpackung in Form eines Gummibären – ein Beispiel für selbstreferenzielles mimetisches Design – oder als skulpturales Lichtobjekt. Das essbare Vorbild erblickte das Licht der Welt 1922 in einer Waschküche in einem Bonner Hinterhof. Damals bestand das zwei Jahre zuvor gegründete Unternehmen des gelernten Bonbonkochers Hans Riegel, der aus den Anfangsbuchstaben seines Vor- und Nachnamens sowie denen des Gründungsortes Bonn den Firmen- respektive Markennamen Haribo kreierte, nur aus ihm und seiner Ehefrau. In nach heutiger Deutung ökologisch fortschrittlicher Weise lieferte Gertrud Riegel die Produktion per Fahrrad aus. Zumindest in den Anfangsjahren.

Die Golbären-Tüte im Wandel der Zeit. Viel hat sich seit 1960 geändert. Heute haben Plastik und Süßwaren ein Imageproblem.

Heutzutage kommt der stilisierte kleine Bär als leuchtender Stern an Haribos Süßwaren-Himmel selbstverständlich im großen Wagen zu den Kindern und Erwachsenen, die sie gleichermaßen froh machen sollen. Und aus anderthalb Dutzend Fabriken im In- und Ausland. Als Konsequenz der Internationalisierung musste man sich aber auch auf kulturelle Besonderheiten einstellen. Hierzu gehört, dass der Inhaltsstoff Gelatine nicht überall beziehungsweise von allen geschätzt wird. Doch so ziemlich jedem dürfte bei einem Blick hinter die Kulissen dessen Herstellung die Lust auf Fruchtgummi vergehen.

Die Substitution von Gelatine ist indes nicht bloß modern im Sinne der Vermeidung von Tierleid, sondern zugleich nostalgisch. Die guten alten Tanzbären enthielten nämlich noch Gummi arabicum.

Von der Hinterhofwaschküche in die weite Welt: Haribo-Produktionsstandorte damals und heute.

Einen Bärenhunger sollte man aufgrund des abenteuerlich hohen Zuckergehalts dennoch lieber nicht mit Gummibären stillen. Allerdings fand sich diese Empfehlung sinngemäß vor einigen Jahren ebenfalls in Rezensionen zu einer in den USA eingeführten gänzlich zuckerfreien Variante. Stimmen die Berichte, dann muss die Produktneuheit eine durchschlagende Wirkung gehabt haben. So oder so fährt man offenbar am besten, wenn man Gummibären mit einer bärenstarken Selbstdisziplin begegnet. Gute Laune machen sie ja eigentlich bereits bei der Beobachtung aus sicherer Entfernung.

Weitere Informationen:
HARIBO GmbH & Co. KG
www.haribo.com

Bildhinweis:
Für alle Fotos gilt: © Haribo

 
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