Litfaßsäulen sind heute anders als im vorletzten Jahrhundert keine kommunikativen Orte mehr. Mit ihrem durch die E.ON Stiftung geförderten Projekt „Platzhalter“ wollen Lasse Schlegel und David Schwarzfeld das ändern. (Symbolfoto mit mehreren gewöhnlichen Litfaßsäulen, wie man sie heute allerorts sieht.)

Es ist wahr, dass die ersten Litfaßsäulen 1855 in Berlin mit dem Ziel aufgestellt wurden, wildes Plakatieren zu unterbinden. Geschwindelt ist hingegen, dass die Hohlheit der nach ihrem Erfinder, dem Drucker Ernst Litfaß, benannten Plakatsäulen ursächlich ist für die überwiegende Geistlosigkeit der auf ihnen präsentierten Werbebotschaften. Diese ist nämlich vielmehr ein Ergebnis der Austauschbarkeit der meisten Produkte und der Sinnlosigkeit eines Großteils des Konsums. Das aber ist eine andere Geschichte. Hier soll es lediglich um die Rolle der Litfaßsäulen im öffentlichen Raum gehen.

Eine runde Säule, die für hässliche Ecken sorgt

Einst dienten Litfaßsäulen als Treffpunkte. Sie waren sogar mit neuesten Nachrichten beklebt. Das war anfänglich eine behördliche Auflage. Heutzutage ist nicht nur ihr informationeller Nutzen vergleichsweise überschaubar, von Litfaßsäulen geht zumeist auch eine beträchtliche Tristesse aus. Ja es ist schon bemerkenswert, dass landauf, landab ausgerechnet eine runde Säule für so viele hässliche Ecken sorgt. Eine Ausnahme bilden die wenigen schmucken Exemplare der Gründerzeit. Ihre Ornamente sind ein willkommener ästhetischer Gegenpol zur Reklame-Kakophonie. Als Orte der Kommunikation scheiden Litfaßsäulen heute allerdings in der Regel aus. Weil sie sich indes nicht wie lästige Werbebanner auf Webseiten wegklicken lassen, fanden wir bemerkens- und erwähnenswert, welche Lösung sich zwei junge Menschen aus Hannover ausgedacht haben.

Make Litfaßsäulen great again

Mit ihrem durch die E.ON Stiftung geförderten Projekt „Platzhalter“ wollen Lasse Schlegel und David Schwarzfeld in Essen aus Konsumsäulen Säulen der Gesellschaft machen, wie sie selbst es ausdrücken. Das ließe sich übersetzen in „Make Litfaßsäulen great again“. Wie das geschehen soll? Mithilfe des kreativen Inputs derjenigen, die Tag für Tag in der Ruhrmetropole an den früher aus Eisenblech, inzwischen meist aus Beton hergestellten Stadtmöbeln vorbeigehen – in der Regel ohne sie wirklich bewusst wahrzunehmen. Das wäre sicher anders, würde man sie in Kletterwände oder öffentliche Kinos mit 360-Grad-Leinwand verwandeln.

Die Ideen, die das Duo auf seiner Projektseite vorstellt, sind reichlich ausgefallen. Man darf gespannt sein auf die Vorschläge der Essenerinnen und Essener. Einsendeschluss ist der 20. August 2022. Alternativ können Einfälle direkt auf die ausgewählten Litfaßsäulen geschrieben werden, deren Standorte auf der Projekt-Website gelistet sind. Die entsprechend umgebauten Säulen können dann vom 01.09. bis 07.11.2022 besichtigt werden.

Weitere Informationen:
Projekt „Platzhalter“
www.projekt-platzhalter.de

 
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