Mit „Ich sehe was, was du nicht siehst“ haben wir vor einigen Jahren einen Beitrag über Synästhesie überschrieben. Zur Erinnerung: Es geht um das gleichzeitige Auftreten einer Reizwahrnehmung eines anderen als des eigentlich stimulierten Sinneskanals. Heute kommen wir stattdessen auf eine taktile Drucktechnologie von Canon zu sprechen, mit deren Hilfe Menschen mit Sehbeeinträchtigung ertasten, was andere zuvor nur sehen konnten. So werden Bildwelten aus Fotografie und Kunst auf neue Weise zugänglich und erlebbar.
Taktile Drucktechnologie auf den Spuren Salvador Dalis
Das Ertasten von Bildern, das durch die innovative Canon-Software PRISMAelevate XL Wirklichkeit wird, erinnert uns entfernt an eine Skizze von Salvador Dali. In ihr hielt der exzentrische Surrealist in den späten 1920er-Jahren seine Vision eines taktilen Kinos fest. Hierbei wird eine – beunruhigende – Szene auf der Leinwand von einer Walze am Kinosessel haptisch übersetzt. Die Grundidee findet sich auch schon anderthalb Jahrzehnte früher bei einem Schriftsteller namens Salomo Friedländer. Die wohl beste bisherige Annäherung an dessen „Telehaptor“ stellt Canon auf der SightCity Frankfurt (21. – 23.05.2025) vor, der weltgrößten Fachmesse für Hilfsmittel und Lösungen für blinde und sehbehinderte Menschen.

Canon ermöglicht die Umsetzung haptischer Drucke in bisher unerreichter Detailtreue. Das demonstriert die begleitende Ausstellung „World Unseen“. Nach einer erfolgreichen Premiere in Düsseldorf zeigt Canon diese erneut in Frankfurt. Dank Elevated-Print-Technologie werden die Arbeiten renommierter Fotografinnen und Fotografen zugleich visuell und erstmals taktil erfahrbar. Audiodeskriptionen und Bildbeschreibungen in Brailleschrift unterstützen Menschen mit eingeschränktem oder ohne Sehvermögen zusätzlich dabei, die Werke in ihrer ganzen Ausdrucksstärke zu erfassen.
Barrierefreiheit für alle
Wie wichtig diese Inklusions-Revolution ist, können sich jene, die mit dem Sehen kein Thema haben, kaum angemessen vorstellen. Aus diesem Grund erhalten sie auf der SightCity Frankfurt die Chance, anhand spezieller Darstellungen und Simulationsbrillen nachzuempfinden, wie Menschen mit Sehbeeinträchtigung Bilder wahrnehmen. Vielleicht ist das ein erster Schritt in eine Welt von morgen, in der diese Form der Barrierefreiheit von Ausstellungen eine Selbstverständlichkeit sein wird.

Ulla Lohmann, eine bekannte Expeditionsfotografin, deren Arbeiten in Frankfurt zu sehen und ertasten sind, erklärt: „Fotografie ist eine universelle Sprache, die alle Menschen erreichen sollte – unabhängig von ihrer Sehfähigkeit. Mit taktilen Bildern schaffen wir neue Wege der Wahrnehmung und des Erlebens.“ Allerdings wird wohl nichts an den bewegenden Moment herankommen, wenn Fabiana Kühl, eine erblindete Mutter, die sich in verschiedenen Social-Media-Kanälen für Inklusion stark macht, den taktilen Druck eines von ihrer Tochter gemalten Bildes überreicht bekommt.
Weitere Informationen:
Canon Deutschland GmbH
www.canon.de
SightCity GmbH
www.sightcity.net
Bildhinweis:
Unser Titelbild stammt aus der Ausstellung „World Unseen“. © Aleksander Nordahl