Wie wir unlängst am Beispiel der Entstehung des T-Shirts aufgezeigt haben, steckt viel Potenzial im Aufspalten von Dingen in Einzelteile. Beim Bikini liegen die Dinge ähnlich. Nach dem initialen Skandal bei seiner Vorstellung am 5. Juli 1946 im Pariser Art-déco-Schwimmbad „Piscine Molitor“ eroberte die zweiteilige Badebekleidung langsam aber sicher Strände, Schwimmbäder und Urlaubsresorts. Oder sollte man von einer Rückeroberung sprechen?
Ein Maschinenbauingenieur und ein Revuegirl verändern die Welt
Die Antike kannte bereits, was aufgrund der Körperfeindlichkeit des Christentums lange undenkbar und hierzulande bis zum Zweiten Weltkrieg bei Strafe verboten sowie durch Badeordnungen vielerorts bis in die 1970er-Jahre untersagt war. Dabei ist der Name, den Louis Réard, ein Maschinenbauingenieur, seinem Entwurf gab, das aus heutiger Sicht eigentlich Skandalöse. Er verniedlichte indirekt die Atomwaffentests der USA in jenem Atoll im mittleren Ozeanien, das bis heute auf die Rückkehr seiner Bewohner wartet. Womit wir wieder bei den nicht immer positiven Folgen des Aufspaltens wären.
Was fast niemand weiß: „Atom“, ein Konkurrenzprodukt aus demselben Jahr, fiel beim Publikum durch. Vielleicht spielte der Name zu unverhohlen auf das kurz davor begonnene Zeitalter an, dessen Schrecken uns am 24. Februar 2022 erneut eingeholt hat. Dass die Präsentation des ersten Bikini-Badeanzugs überhaupt stattfinden konnte, verdankt die Welt übrigens dem Revuegirl Micheline Bernardini. Mannequins, wie Laufstegmodels damals genannt wurden, lehnten es ab, bei einem so anstandsverletzenden PR-Stunt mitzuwirken.
Too much information
77 Jahre später ist es schwer zu sagen, was die Öffentlichkeit noch vergleichbar schockieren könnte wie der erste Bikini. Welches Tabu wurde seither nicht gebrochen? Der allgemeine Dresscode stellt sich außerdem inzwischen maximal informell dar. Wie alles im Leben hat auch das zwei Seiten. Wohl kaum jemand will in eine Zeit zurück, in der Angepasstheit weitaus wichtiger war als individuelle Freiheit. Genauso wenig erstrebenswert ist es jedoch, wenn Mitmenschen einem teilweise endlos viele unverlangte „Informationen“ liefern.
In zahlreichen Ländern reagiert man schon mit Verboten auf Reisende, die im Bikini – oder mitunter gar im Adamskostüm – auf Besichtigungstour gehen und nicht einmal vor religiösen Stätten Halt machen. Doch so ist es eben: Jede Generation muss neu aushandeln, was erlaubt ist und wo die roten Linien verlaufen. Damit sind freilich nicht die charakteristischen Sonnenbrand-Muster gemeint, die bei fehlender Umsicht Menschen im Bikini drohen.
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Unser Titelbild zeigt ein Model im stilvollen Bikini von LASCANA in elegantem Bordeauxrot. Die Marke ist bekannt für Bademode, die ihren Trägerinnen niveauvoll schmeichelt. Foto: © LASCANA
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