Wildplastic aus Hamburg nimmt weltweit Plastikmüll aus der Landschaft, damit dieser nicht ins Meer gelangt, und stellt daraus neue Produkte her. Unser Titelbild zeigt die attraktiv bedruckten Wildbags von Wildplastic. Foto: © Bernd Westphal

Deutschland, das zeigen die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes, verschifft immer weniger seiner Kunststoffabfälle ins Ausland. Innerhalb eines Jahrzehnts sank die Menge um mehr als 50 Prozent. Bleiben allerdings noch knapp 750.000 Tonnen pro Jahr übrig, die exportiert werden, statt dass man sie hierzulande entsorgt. Dabei wissen Schwellenländer selbst nicht, wohin mit ihrem eigenen Müll. So kann es passieren, dass man sich beim Surfen in Peru plötzlich in einem nicht enden wollenden Meer aus Plastik wiederfindet. Erleben musste das Christian (genannt „Chris“) Sigmund, der Mitbegründer des Hamburger Unternehmens Wildplastic.

Wildplastic steht für wertvollen Rohstoff aus wildem Plastikmüll

Das von Haltung und Idealismus geprägte Geschäftsmodell von Wildplastic besteht darin,  einen Teil der Plastikabfälle nach Europa zu holen, um daraus neuen Müll zu machen – in Form von Versandtaschen und Müllbeuteln. Was spontan an Wahnsinn, Sisyphos oder eine Kombination von beidem denken lässt, ist bei genauer Betrachtung durchaus vernünftig.

Es wird geschätzt, dass weltweit rund 80 Prozent aller Plastikabfälle in der Umwelt landen. Viele Länder verfügen bis heute über keine ausreichende Abfallwirtschaft. Wer das globale Kunststoffproblem halbwegs in den Griff bekommen will, setzt genau hier an und schafft entsprechende Strukturen. Auch weil außerhalb Europas vielfach mit wesentlich geringerem Kapitaleinsatz eine sehr viel größere Wirkung zu erzielen ist. Das bewies übrigens bereits Trashboom, die preisgekrönte schwimmende Riverplastic-Barriere von Moritz Schulz, den wir im vergangen Jahr interviewen konnten.

Wildplastic arbeitet wissenschaftlich und transparent

Wildplastic setzt sich ebenfalls dafür ein, herumliegenden Kunststoffmüll aus der Natur, von Straßen oder illegalen Müllkippen einzusammeln, damit er nicht ins Meer gelangt. Es wird vielen nicht einleuchten, dass es energetisch und im Hinblick auf den ökologischen Fußabdruck sinnvoll ist, hieraus Müllbeutel zu produzieren und in Deutschland zu verkaufen. Doch Wildplastic arbeitet wissenschaftlich – und transparent. „Wir haben zum Beispiel einen Life-Cycle-Assessment, also eine Ökobilanzierung gemacht, bevor wir das Produkt überhaupt hatten“, erinnert sich Chris Sigmund. „Auch wenn es auf den ersten Blick verrückt erscheint: da die Erdölförderung und Produktion von Neuplastik so CO2-intensiv ist, ist es nachhaltiger, das gesammelte Folienplastik zu transportieren und zu recyceln.“

„Wir müssen den Widerspruch aushalten, dass wir nicht alles sofort ändern können“, erklärt Wildplastic-CEO Chris Sigmund. Foto: © Anna Ziegler

Ein Zeichen für eine nachhaltigere Zukunft setzen

Der längste Weg beginnt bekanntlich mit bescheidenen ersten Schritten. Demgemäß findet Chris Sigmund: „Wir müssen den Widerspruch aushalten, dass wir nicht alles sofort ändern können.“ Dennoch hat Wildplastic allein 2022 beachtliche 170 Tonnen wildes Plastik daran gehindert, die Natur zu verseuchen. Gleichzeitig wurden 321 Tonnen CO2 eingespart sowie 3.708 Tage mit besseren Arbeitsbedingungen für die Menschen ermöglicht, die den Müll einsammeln, berichtet uns Sigmund.

Dass die sogenannten „Wildbags“ von Wildplastic teurer sind als herkömmliche Müllbeutel, erklärt sich aus dem Zusammenhang. „Wir sind die ersten, die weltweit eine Lieferkette für wildes Plastik aufgebaut haben“ erläutert Sigmund. „Leider sind die Kosten dafür höher als für Neuplastik. Aber wir müssen weg von Neuplastik. Plastik ist kein Müll, sondern ein Wertstoff, den wir dringend recyceln müssen. Daher kauft man mit unseren Wildbags nicht einfach nur einen Müllbeutel, sondern setzt ein Zeichen für eine nachhaltigere Zukunft.“

Weitere Informationen:
Wildplastic GmbH
www.wildplastic.com

Bildhinweis:
Unser Titelbild zeigt die attraktiv bedruckten Wildbags von Wildplastic. Foto: © Bernd Westphal

 
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