Mit dem neuen Fahrzeugemblem hat man jetzt bei Audi die Unstimmigkeiten beseitigt, die seit dem letzten Logo-Redesign existierten. Foto: © Audi AG

Der Entschluss von Audi, an seinen Fahrzeugen ein neu gestaltetes Emblem zu verwenden, möchte man mit einem „Hört, hört!“ kommentieren. Passend zum Unternehmensnamen. Der entspricht – Menschen mit Latinum oder Fans der Marke werden es wissen – dem Imperativ Singular des lateinischen Verbs „audire“. Was wiederum die Übersetzung des Nachnamens von August Horch darstellt, des Gründers von gleich zwei der durch die weltbekannten vier Ringe symbolisierten Vorläufer-Unternehmen. Im Laufe einer wechselvollen Geschichte wurde aus ihnen die heutige Volkswagen-Tochter geformt. Auch ohne sie nachzuerzählen, haben wir schon mehr Worte verloren, als in Anbetracht des neuen Emblems angemessen erscheinen. Jedenfalls auf den ersten Blick. Oberflächlich betrachtet ist nämlich alles wie immer. Schaut man allerdings genauer hin, erkennt man, dass es sich um einen Fall von „Same same, but different“ handelt, um eine thai-englische Redewendung ins Spiel zu bringen. Hierzulande aufgrund eines Films von Detlev Buck bekannter geworden, macht sie in der Weltbetrachtung das Paradox sprachlich erfassbar, dass etwas ganz gleich und dennoch verschieden sein kann.

Werkspur versus Perfektion

Denkt man einen Moment lang darüber nach, kommt man zu dem Schluss, dass die Redewendung beispielsweise sogar auf alles anwendbar ist, das seriell gefertigt irgendwo auf der Welt Produktionsstätten verlässt. Denn schließlich genügen das genialste Engineering und Design sowie die bestmögliche Qualitätssicherung nicht, damit ein Modell fortlaufend wirklich zu einhundert Prozent identisch vom Band rollt. Andy Warhol hätte das sicher gewusst. Er beklagte sich einmal über die Unregelmäßigkeiten bei seinen Siebdrucken und träumte von der vollkommenen Freiheit von Werkspuren.

Bei Automobilen besteht die Werkspur (nicht zu verwechseln mit dem deutlichen ökologischen Fußabdruck) aus den jeweils mehr oder weniger sichtbaren Abweichungen vom gedachten Ideal. Man denke beispielshalber an die Spaltmaße. Audi steht im Ruf, sich hierbei der Perfektion wie kaum ein zweiter Autobauer anzunähern. Dieses unablässige Streben läuft parallel zur geradezu detailbesessenen Weise, in der das neue Emblem konzipiert wurde. Wir kommen noch darauf zu sprechen. Zunächst sei erwähnt, dass man bei Audi 2020 die gesamte Markenstrategie und das Corporate Design überarbeitet hat. Mit „mehr Understatement, mehr Raffinesse“, bringt der Industriedesigner und Audi-Markenstratege Frederik Kalisch die Zielsetzung auf den Punkt. Ein Ausfluss dessen ist das Redesign des Fahrzeugemblems, welches ab sofort eine zweidimensionale Anmutung aufweist, ein anderer sind die geänderten Fahrzeugbeschriftungen, für die fortan ausschließlich die sogenannte „Audi Type“ zum Einsatz kommen soll.

Digital first

Hintergrund für die Veränderung ist die 2016 gefallene Entscheidung, das Audi-Logo an den digitalen Zeitgeist anzupassen und künftig auf die plastische Darstellung zu verzichten. Das hatte zu einer vorübergehenden Diskrepanz zwischen der Version am Produkt und jener in der allgemeinen Markenkommunikation geführt. Mit den neuen alten Ringen hat man jetzt die Unstimmigkeiten beseitigt und sich dabei zugleich vom bisherigen Material verabschiedet. Statt glänzend in Chrom strahlt das neue Logo weiß vom Kühlergrill. Eingebettet ist es in einen schwarzen Glaskörper, der die Ringe mittels starkem Kontrast in der Binnenfläche markant in Szene setzt. Die Wirkung unterstützt ein schwarzer äußerer Rand. Spaltmaße spielen hier keine Rolle, obschon wir es streng genommen mit einem mehrteiligen dreidimensionalen Gesamtgebilde zu tun haben, das für den gewünschten Eindruck von Flachheit sorgt.

Apropos Wünsche: Weiterhin bietet Audi allen, die lieber ein schwarzes Emblem an ihrem Auto wollen, eine passende Alternative an. Hierfür wird die weiße Farbe der Ringe durch ein dunkles Grau ersetzt, das optisch wie hochglänzendes Schwarz wirkt.

Fazit

André Georgi, seit 20 Jahren für unterschiedliche Designbereiche bei Audi zuständig, beschreibt das Ergebnis des Redesign-Projektes mit folgenden Worten: „Kennzeichnung und Fahrzeugdesign bilden nun eine Einheit, die zur neuen Markenpositionierung von Audi passt.“ Diese hat mit Individualität und einem ausgeprägten Premiumanspruch zu tun. Das ist historisch begründbar. Wenngleich die Marke phasenweise als eher spießig und nur wenig ambitioniert galt, darf nicht vergessen werden, dass Horch zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit seinen exklusiven Acht- und Zwölfzylindern bereits die Mitbewerber Mercedes und Maybach in den Schatten gestellt hat.

Es dürfte jedoch manch einem unangemessen vorkommen, derlei Dingen so viel Aufmerksamkeit zu widmen. Wo doch heutzutage das Erreichen der Mobilitätswende und somit die Überwindung der mit (automobiler) Fortbewegung bislang automatisch einhergehenden enormen Ressourcenvernichtung im Zentrum aller Bemühungen stehen sollte. Vermutlich aber kennt man in Ingolstadt und an den anderen Audi-Standorten jenen sinnigen Satz aus dem Evangelium nach Matthäus (Mt 23,23), der da lautet: „Man muss das eine tun, ohne das andere zu lassen.“

Weitere Informationen:
Audi AG
www.audi.de

Bildhinweis:
© Audi AG

 
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