Die Geschichte der Wegwerfgesellschaft ist das Thema des gleichnamigen neuen Buchs des Technikhistorikers Wolfgang König, erschienen im Franz Steiner Verlag. Das Symbolfoto zeigt Müllsammler in einem Schwellenland – Leben mit und vom Wohlstandsmüll.

Deutschland ist führend. Zumindest auf dem Gebiet der Müllproduktion. Allein die Menge des Verpackungsmülls lag 2017 nach Angaben des Umweltbundesamtes bei unvorstellbaren 18,7 Millionen Tonnen. Auf jeden Bundesbürger entfielen damit rechnerisch mehr als 225 Kilogramm. Hinzu kommen all die Dinge, die zeitweise in den Verpackungen stecken, bevor sie häufig kurze Zeit später ebenfalls im Müll landen.

Im Laufe der Zeit wuchsen nicht nur die Müllberge in den Himmel, der materielle Besitz nahm genauso explosionsartig zu. Lag die Zahl der Gebrauchsgüter pro Haushalt zwischen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts, als sich der moderne Massenkonsum zu entwickeln begann, noch im niedrigen dreistelligen Bereich, sind es mittlerweile durchschnittlich über 10000. Wegwerfen ist also gleichzeitig Folge und Ursache von Wohlstand.

Garant für wirtschaftliche Prosperität

Produkte mit geringer Haltbarkeit galten vornehmlich in den USA schon früh als Garant für wirtschaftliche Prosperität und Stabilität. Statt langlebiger Qualitätsprodukte werden seither zunehmend Waren mit kurzer Lebensdauer produziert und beworben. Teil dessen, was unter dem Begriff Obsoleszenz subsumiert wird, ist neben dem Verschleiß aufgrund mechanischer Minderwertigkeit beispielsweise die Veralterung mittels psychologischer Methoden – allen voran Trends und Moden.

Zwischen den 1950er- und 1970er-Jahren führte die Übernahme des konsumorientierten amerikanischen Lebensstils hierzulande gleichermaßen zu einem schnell steigenden Lebensstandard. Aber eben auch zu gigantischen Müllmengen. Allen Bemühungen um Umweltschutz und das Schonen von Ressourcen zum Trotz hat sich daran bis heute kaum etwas geändert. Was nicht bedeutet, dass beides sich prinzipiell unauflöslich bedingt …

Geschichte der Wegwerfgesellschaft – die Kehrseite des Konsums

Intensiv mit der Geschichte der Wegwerfgesellschaft hat sich für sein gleichnamiges neues und sehr beachtenswertes Buch der für seine Arbeiten zur Technik- und Konsumgeschichte mehrfach ausgezeichnete Technikhistoriker Wolfgang König beschäftigt. König untersucht darin insbesondere die Frage, welche Probleme im Detail mit der Müllproduktion verbunden sind und wie sie sich möglicherweise lösen lassen.

In acht Kapiteln zeichnet König zunächst die historische Entwicklung von Industrie- und Siedlungsabfällen nach und erläutert die besondere Stellung von Plastik und Recycling. Anschließend schlüsselt er auf, welche Anteile Hygieneartikel, Lebensmittel, Kleidung und Möbel an unserem Müll haben. Unter der Überschrift „Pioniere und Perversitäten des Wegwerfens“ verfolgt er besonders anschauliche Produktkarrieren – wie die des Kugelschreibers, der sich innerhalb weniger Jahrzehnte von einer kostspieligen Investition der Royal Air Force in einen billigen Wegwerfartikel verwandelte.

Alternativen zur Wegwerfgesellschaft

Im letzten Teil von Königs Geschichte der Wegwerfgesellschaft werden die Strukturen des Wegwerfens in Bezug auf Komfort und Verschleiß analysiert und Alternativen zur Wegwerfgesellschaft vorgestellt. Selbst jenen, die glauben, über Müll bereits genügend zu wissen, verschafft König vertiefende Einblicke und regt zur Veränderung des eigenen Konsumverhaltens an.

Wolfgang König ist Jahrgang 1949. Der gebürtige Pirmasenser studierte an der Universität des Saarlandes und machte 1973 sein erstes Staatsexamen in Geographie und Geschichte. Von 1985 bis 2014 war König Professor für Technikgeschichte an der TU Berlin, Gastprofessuren führten ihn nach Wien und Peking. König ist außerdem Herausgeber der Propyläen Technikgeschichte. Seine neue Geschichte der Wegwerfgesellschaft ist im Franz Steiner Verlag erschienen.

Wolfgang König
Geschichte der Wegwerfgesellschaft
Die Kehrseite des Konsums
Franz Steiner Verlag
Gebunden, 168 Seiten
ISBN 978-3-515-12500-0

Weitere Informationen:
Franz Steiner Verlag
www.steiner-verlag.de

 
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