Opake Fotografien stellen das Sichtbarmachen der physischen und chemischen Beschaffenheit des fotografischen Materials in den Mittelpunkt der künstlerischen Auseinandersetzung. In ihrem neuen Buch widmet sich Franziska Kunze der Geschichte dieser Bildform.

In seinem legendären Spielfilm „Blow Up“ aus dem Jahre 1966 erzählt Regisseur Michelangelo Antonioni die Geschichte eines Londoner Fotografen, der aufgrund zufällig in einem Park aufgenommener Fotos einem Mord auf die Spur gekommen zu sein glaubt. Stufenweise vergrößert er Ausschnitte aus den vermeintlichen Beweisfotos. Was er darauf erkennt, veranlasst ihn, in den Park zurückzukehren und nach der Leiche zu suchen.

Später im Atelier stellt er fest, dass ihm die Negative, Abzüge und „Blow-ups“ – Vergrößerungen – gezielt gestohlen wurden. Ein Blow-up findet er schließlich doch noch. Es ist jedoch ohne die Referenz der ursprünglichen Aufnahmen nicht lesbar. Die Gegenständlichkeit – beziehungsweise Transparenz im Sinne des Verweisens auf ein Geschehen „hinter“ der Bildfläche – ist durch übermäßiges Vergrößern fast vollständig getilgt. War der Mord am Ende auch nur ein Hirngespinst?

Verlust der Transparenz

Antonioni diente das Sichtbarmachen des fotografischen Materials – der Körnung des Fotofilms – als Vehikel für eine äußerst vielschichtige Annäherung an Themen wie Wirklichkeit, ihre Interpretation und Darstellung sowie Subjektivität. In einer Szene des Films wird außerdem eine eindrucksvolle Parallele zu einer anderen Kunstgattung hergestellt: Die abstrakten Bilder eines mit dem Fotografen befreundeten Malers wirken, als seien sie nach den Blow-ups gemalt. Sie verweisen ebenfalls nur auf sich selbst und ihr Gemaltsein …

In der Fotografie hat man sich historisch bereits sehr früh mit der Beschaffenheit des Mediums beschäftigt. Opake – also „nicht-transparente“ – Fotografien offenbaren die chemische Zusammensetzung der Bildschicht und die physischen Eigenschaften des Schichtträgers. Entsprechende fotografische Objekte wurden anfänglich allerdings als Fehlerbilder aufgefasst. Erst nach und nach entwickelte sich aus der Auseinandersetzung mit „nicht-transparenten“ Fotografien eine eigene künstlerische Bildform.

Opake Fotografien

„Opake Fotografien“ – für ihr neues Buch hat Franziska Kunze Textdokumente und Fotohandbücher aus der Zeit seit 1839 sowie Debatten in fotohistorischen Zeitschriften vom 19. bis weit ins 20. Jahrhundert hinein untersucht. Anhand der Analyse von fotografischen Experimenten der Klassischen und der Nachkriegsmoderne und jüngsten Entwicklungen zeigt die Kunst- und Fotohistorikerin, mit welchen künstlerischen Strategien die fotografische Materialität jeweils sichtbar gemacht wurde.

Franziska Kunze forschte am Exzellenzcluster „Bild Wissen Gestaltung“ und arbeitet derzeit im Rahmen eines Stipendiums der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung in fotografischen Sammlungen im In- und Ausland. Opake Fotografien enthält unter anderem Arbeiten von Chargesheimer, Gottfried Jäger, Rosa Menkman, Wolfgang Tillmans und Timm Ulrichs.

Franziska Kunze
Opake Fotografien
Das Sichtbarmachen fotografischer Materialität als künstlerische Strategie
ca. 280 Seiten mit 68 Farb- und 77 s/w-Abbildungen
17 × 24 cm, Broschur

ISBN 978-3-496-01616-8

Opake Fotografien erscheint im Mai 2019

Weitere Informationen:
Dietrich Reimer Verlag GmbH
www.reimer-mann-verlag.de/reimer/

 
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