Mit „Die Uhr. Geschichte Technik Design“ liefert Alexander Barter einen ausführlichen, gut strukturierten Überblick über die Geschichte der Uhr im 20. Jahrhundert, das innerhalb der Geschichte der Uhr eine ganz besondere Stellung einnimmt.

Ein halbes Jahrtausend ist es her, dass Uhrwerke erstmals so kompakt konstruiert werden konnten, dass sie in tragbare Gehäuse passten. Mit Beginn des Maschinenzeitalters gaben Zeitmesser dann zunehmend den Takt an, nach dem sich das ganze Leben zu richten hatte, und im 19. Jahrhundert wurde der Besitz einer eigenen Uhr immer mehr zur Notwendigkeit respektive Normalität. Möglich machten das neue Techniken der Massenfertigung, die auch in der Uhrenherstellung Einzug hielten. Die Beschaffenheit der damals in hohen Stückzahlen produzierten Modelle unterscheidet sich allerdings deutlich von dem, was Menschen heutzutage an mechanischen Uhren fasziniert. Vielfach diente Papier als Material für Zifferblätter, billiges gestanztes Blech bildete die Grundlage für Uhrwerke. Ja, bereits vor der asiatischen Quarzschwemme der 1970er-Jahre kennt die Geschichte der Uhr minderwertige Typen in großer Zahl.

Jahrhundert der Wendepunkte

Damit, mit der sogenannten Quarzkrise also, wäre einer von zwei wichtigen Wendepunkten benannt, die das vorige Jahrhundert zu einem sehr besonderen innerhalb der Geschichte der Uhr machen. Der andere ist der Siegeszug der Armbanduhr im ersten Drittel dieser von ehedem unvorstellbaren technisch-wissenschaftlichen Triumphen, aber auch von ungeheuren Katastrophen geprägten Epoche. Eine ausführliche, gut strukturierte und reich bebilderte Übersicht über die technische und gestalterische Entwicklung der Uhr in diesem Zeitraum bietet Alexander Barters „Die Uhr. Geschichte Technik Design: Eine Chronologie des 20. Jahrhunderts“. Lange Jahre war Barter als Uhrenexperte beim Auktionshauses Sotheby´s tätig, bevor er sich als Berater für Uhren selbstständig machte.

Von der Zeitreise, zu der Alexander Barter in seinem bei Prestel erschienenen Bildband einlädt, profitieren alle, die sich für Design- und Technikgeschichte begeistern; an Uhren Interessierte sowieso. Barter zeigt die unterschiedlichsten Gehäuseformen, führt handwerkliche Ästhetik aus den Tagen des Art déco ins Feld und spartanische, allein auf die Funktion der Zeitanzeige reduzierte Entwürfe. Das Spektrum reicht von Taschen- über Anhänger- bis Armbanduhr – und von repräsentativer Schmuckuhr über Militäruhr bis zur irreparablen Wegwerf-Plastik-Swatch. Die bedeutenden Hersteller von Uhren- und Uhrwerken sind vertreten sowie praktisch alle erdenklichen Komplikationen.

Ausgangspunkt für eine intensive Beschäftigung

Als eine erste Annäherung an die Thematik ist Alexander Barters Buch bestens geeignet. Zur vertiefenden Beschäftigung liefert es Literaturempfehlungen außerdem gleich mit. Es lohnt sich, hierdurch angeregt tiefer in die Materie einzutauchen. Man erfährt dann anderswo, um nur ein Beispiel zu nennen, welche Schlüsselrolle die traditionsreiche Marke Eterna spielte. Nicht nur in Bezug auf die Perfektionierung der Automatikarmbanduhr, sondern darüber hinaus als Wiege der ETA SA – des bekanntesten Herstellers von Uhrwerken unserer Tage. Dass sich Barter hierüber ausschweigt und zudem statt der wegweisenden Eterna-Matic, die, 1948 eingeführt, erstmals mit Kugellager-Rotor (heute Industriestandard) ausgestattet war, lediglich ein Modell des Hauses mit Pendelautomatik von 1946 vorstellt, könnten ihm Menschen mit entsprechender Sachkenntnis ankreiden.

Als das Besondere noch gewöhnlich war

Jedoch kann man umgekehrt argumentieren, dass kaum ein Buch jemals wirklich erschöpfend sein wird. Schon gar nicht eines, das bei handhabbarer Größe einen Überblick über ein so weites Feld geben soll. Das Werk eignet sich beispielshalber sehr gut als Geschenk für Jüngere, die einmal detailliert nachvollziehen wollen, wie sich die mechanische Uhr nach der Einführung der Quarzuhr verändert hat. Sie haben schließlich die Zeit vor 1969, als mechanische Uhren Standard und nichts Besonderes waren, nicht miterlebt. Unübersehbar ist übrigens die Parallele zur Wirkung der Compact Disc (CD) auf Schallplattenspieler und Schallplatte. Sie wurden nahezu zeitgleich irrtümlich für tot gehalten. Ebenso wie mechanische Uhren erfreuen sie sich heute als nicht wegzudenkende Kulturgüter größter Beliebtheit, lassen mit jeder Umdrehung ihrer Räderwerke Herzen höher schlagen. Wahre Leidenschaft kennt eben kein Alter.

Alexander Barter
Die Uhr. Geschichte Technik Design: Eine Chronologie des 20. Jahrhunderts
Prestel Verlag
Gebunden mit Schutzumschlag, 24,0 x 30,0 cm
336 Seiten, 400 Farbabbildungen
ISBN 978-3-7913-8812-0

Weitere Informationen:
Prestel Verlag
www.prestel.de

 
Anzeige