Design ähnele – in der Art, „wie es betrieben, gelehrt und verlangt wird“ – der Tätigkeit des Friseurs, befand einmal Max Bill. Hiermit solle „ihre Kategorie wie auch ihr angenehmer Nutzen charakterisiert sein“, schickte der ehemalige Bauhaus-Schüler und Mitbegründer der Hochschule für Gestaltung Ulm (HfG Ulm) als Erklärung hinterher. Die Gefahr bei dem Bild ist unserer Auffassung nach, dass hierdurch Design von manchen mit (Hair-)Styling verwechselt wird.
Form, Funktion und Nachhaltigkeit
Versuchen wir es deshalb mit folgender Erweiterung: Je nach Intensität des Haarwuchses können Haarschneidende anderen Menschen mitunter regelrecht helfen, die Welt (wieder) klar zu erkennen. Entsprechend dieser Verbildlichung kann die Arbeit von versierten, verantwortungsbewussten Designenden Zugänge schaffen, um Dinge ihrem eigentlichen Zweck gemäß sicher zu verwenden. Das klappt am besten, wenn Designverantwortliche von Anfang an in den Entstehungsprozess einbezogen werden und das Zusammenspiel von Form und Funktion exakt aufeinander abstimmen.
Weil äußere Gestaltung sowohl ästhetisches Aushängeschild als auch Benutzerschnittstelle ist, kommt dieser Dimension im Designprozess zwangsläufig eine zentrale Rolle zu. Mehr noch: sie entscheidet ganz wesentlich mit über die Qualität eines Designs und den Markterfolg von Produkten. Dass hier zahlreiche Tücken lauern, darf nicht verwundern. Regelmäßig setzt man beispielsweise das am kurzlebigen Zeitgeist orientierte Styling im Sinne psychologischer Obsoleszenz gezielt ein, damit Auslaufmodelle alt und Nachfolger erstrebenswerter wirken. Meist geschieht das ohne eine funktionsseitige Verbesserung.
Das Geheimnis gelungene Designs
Von gelungenem Design kann man hingegen nur sprechen, wenn in nachhaltiger, ressourcen- und umweltschonender, also verantwortungsbewusster Weise gearbeitet wurde. Gelungenes Design schließt somit oberflächliches Styling von vornherein aus und setzt statt auf billige ephemere Effekthascherei auf Zeitlosigkeit. Sie sorgt dafür, dass Menschen sich gern langfristig mit einem Gegenstand umgeben. Das bedingt allerdings, dass nicht fehlende Anpassbarkeit an neue technologische Entwicklungen (Updatefähigkeit) oder schlechte Haltbarkeit den schnellen Austausch nötig macht.
Das veritable Umweltproblem, das aus derlei Untugenden immer stärker erwächst, wird zunehmend durch die Gesetzgebung adressiert. Das ist einerseits fortschrittlich, führt aber andererseits weit zurück in die Vergangenheit – mindestens bis zu den Anfängen der industriellen Revolution. Design als eine eigene Disziplin entstand, als die frühesten Industrieunternehmen die Manufakturen abzulösen begannen. Die vermehrt angestrebte Zweckorientierung war gleichzeitig Ausdruck der Ablehnung des bisherigen überladenen Empire-Stils.
Ein dritter Weg
Die Vereinfachung im Dienste der preiswerten Massenfabrikation öffnete indes die Tore für die Entstehung der Wegwerfgesellschaft. Künftiges Design wird stattdessen einen neuen, dritten Weg beschreiten müssen. Dieser sollte sinnvollerweise nicht als Gerade verlaufen – von der Produktion über den mehr oder weniger kurzen Gebrauch zur Mülldeponie –, sondern als Kreis. Cradle to Cradle wäre ein möglicher Ansatz, um die Verschwendung von Rohstoffen und Energie zu beenden.
Wir begleiten diesen Prozess mit großer Aufmerksamkeit und in Wort und Bild. Die genauen Themen unseres Journals finden Sie hier.