Begriffe wie Bedienungselement oder Bedienbarkeit deuten auf ein Missverständniss hin. Bei Usability geht es an sich darum, dass Technik dem Menschen dient, nicht umgekehrt.

Eine einfache, möglichst intuitive Bedienbarkeit zählt zu den wesentlichen Anforderungen, denen ein zu Ende entwickeltes Design genügen muss. Irgendetwas will aber mit Begriffen wie „Bedienung“ und „Bedienungselement“ nicht stimmen: Eigentlich sollte Technik dem Menschen dienen und nicht umgekehrt. Vielleicht sorgt genau diese diametral vertauschte sprachliche Perspektive dafür, dass man eher oft als selten den Eindruck gewinnt, bei der Gestaltung von Benutzeroberflächen sei an alles mögliche gedacht worden, bloß nicht an die Personen, deren Leben verbessert werden soll. In der Regel sind die nämlich weder ingenieurtechnisch geschult noch an Geschicklichkeitstests, Such- oder Ratespielen interessiert. Richtig delikat wird die Angelegenheit jedoch, sobald neben dem Komfort die Sicherheit tangiert wird.

Lebensgefährliche Blindflüge durch schlechte Usability

Ein Beispiel: Jahrzehntelang war es aus gutem Grund üblich, Autoradios mit zwei großen Knöpfen auszustatten – für Lautstärke und Sender. Diese ließen sich während der Fahrt wunderbar ertasten und bar lebensgefährlicher Blindflüge verstellen. Von Usability sprach damals noch niemand. Heutzutage ist man in Automobilfirmen der Ansicht, dass Touch-Displays mit verschachtelten Menüs eine Verbesserung gegenüber dedizierten Schaltern darstellen. Dass diese aufgrund ihrer Komplexität und der geringen Größe der klickbaren Elemente für viele kaum benutzbar sind – erst recht nicht beim Fahren –, ist den Designverantwortlichen nicht völlig verborgen geblieben. Daher wurden große Anstrengungen unternommen, alternative Sprachsteuerungen auf ein akzeptables Niveau zu bringen. Doch lenkt auch der für jede Kleinigkeit erforderliche Dialog mit der Maschine vom Fahrgeschehen ab. Geradezu enervierend sind spürbare Antwortzeiten und redundante, unnatürliche Bestätigungs-Epiloge.

Warum bei Benutzerschnittstellen zunehmend auf gemischte Architekturen mit zusätzlichen echten Schaltern und Knöpfen verzichtet wird, ist leicht erklärbar. Hierdurch lassen sich pro Fahrzeug Centbeträge sparen; in Relation zu den hohen Listenpreisen nachgerade eine Unverfrorenheit. Ganz zu schweigen von Kinderkrankheiten in Form von Softwarefehlern, die mittlerweile selbst bei Erzeugnissen namhafter Marken aus zahlenden Konsumenten unbezahlte Beta-Tester machen.

Usability versus Marketing

All das zu kritisieren hat übrigens nichts mit Fortschrittsverweigerung zu tun, sondern mit der Sehnsucht nach gesundem Menschenverstand. Leider kommt der häufig bei dem Versuch der von Marketingabteilungen und externen Beratern initiierten Anbiederung an bestimmte Zielgruppen, die sich ironischerweise oftmals die entsprechenden Produkte gar nicht leisten können, unter die Räder. Design- und Marketingziele sind nicht immer ohne Weiteres miteinander vereinbar.

Um bei dem gewählten Beispiel zu bleiben: Dass Automobile in Zukunft selbstständig fahren werden, gilt als ausgemacht. Menschliches Zutun reduziert sich dann auf die Angabe eines Fahrtziels, sodass die kognitiven Ressourcen voll und ganz für die Steuerung der Komfort- und Entertainment-Funktionen zur Verfügung stehen und sogar gröbste Designfehler hinsichtlich der Usability die Fahrsicherheit fortan nicht mehr beeinträchtigen. Nur: Wenn es der Automobilindustrie tatsächlich gelingt, autonomes Fahren in jeder Situation sicher darzustellen, wird sie die sich im Vergleich dazu beinahe als Petitesse ausnehmende Entwicklung von verbesserten Benutzeroberflächen, die anstelle der Technik ausschließlich die Gebrauchstauglichkeit und somit den Menschen in den Mittelpunkt stellen, vermutlich spielend bewerkstelligen.

 
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