Symbolbild – Abschied von der Gewöhnlichkeit: Design-Ikone Citroën DS

Ein Fahrzeug wie kein zweites präsentierte der französische Automobilhersteller Citroën am 8. Oktober 1955 auf dem Pariser Automobilsalon der Weltöffentlichkeit – und sorgte für eine Sensation, die bis heute nachwirkt. Der moderne Aufbau der Karosserie, die aus Gründen der Gewichtsreduktion auch Teile aus Kunststoff und Aluminium verband, war äußerst durchdacht, von nahezu allen anderen Fabrikaten verschieden und in Teilen seiner Zeit weit voraus.

Selbst bei kleinen Details wie Zierleisten und Stoßstangen, gefertigt aus rostfreiem Material, zeigt sich der Anspruch der Ingenieure und Designer, etwas von Dauer zu schaffen. Als Erklärung dafür, wie der Citroën DS zum einzigartigen automobilen Klassiker und darüber hinaus zu einem der herausragenden Designobjekte des 20. Jahrhunderts wurde, ist all das jedoch unzureichend.

Mythos Maschine

Mit seinem Buch „Mythos-Maschine: Medien- und Kunstgeschichte des Citroën DS“ zeichnet Gunnar Schmidt die erstaunliche Wandlung vom Gebrauchsgegenstand aus dem Industriedesign zum metaphysischen Über-Objekt detail- und materialreich nach. Ausgangspunkt der kulturwissenschaftlichen Analyse sind nicht die oft kommentierte kühne Formensprache und die innovative Technik, sondern die Vielzahl an begleitenden Bildmedien aus den Bereichen Grafikdesign, Fotografie, Werbe- und Spielfilm sowie literarische Quellen und Beispiele aus der bildenden Kunst.

Die medialen Aneignungen, Umgestaltungen und Neukontexualisierungen des Autos trugen allesamt zur Herausbildung des mythischen Adorationskomplexes bei. In den Inhalten des Medienkonzerts kamen zeittypische gesellschaftliche Stimmungen zum Ausdruck, die auf Phänomene wie den Aufbruch in eine hedonistische Konsumkultur, Science-Fiction oder beginnende Raumfahrt reagierten.

Abgehoben: Der Citroën DS im Film

Sinnbildlich für das kulturelle Avancieren des Automobils erscheint vor diesem Hintergrund eine Szene aus dem berühmten, 1964 erschienenen Film „Fantômas“. Darin bedient sich der maskierte Schurke für seine Flucht vor dem von Louis de Funès verkörperten Kommissar eines in ein Flugzeug verwandelten Citroën DS.

Der Moment des vermeintlich tatsächlichen, filmischen Entschwebens der „Göttin“ rekurriert gewissermaßen auf die 1957 im Rahmen der Design-Ausstellung „Triennale di Milano“ lediglich angedeutete Möglichkeit ihres Abhebens. Hier wurde eine verfremdete DS-Karosserie gezeigt, deren Räder abgeschraubt und deren gut sichtbare Unterseite durch eine Verschalung komplett verschlossen war. Spektakulär als startendes, himmelwärts strebendes Fluggerät präsentiert, nahm der Wagen „Abschied von der Gewöhnlichkeit der übrigen Automobile, die schwer auf der Straße liegend in der zweiten Dimension zurückbleiben“, schreibt Schmidt.

Gunnar Schmidt ist Professor für das Lehrgebiet Theorie und Praxis des Intermedialen am Fachbereich Gestaltung der Hochschule Trier. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Medienästhetik, Medienkunst und Kulturgeschichte der Medien.

Mythos-Maschine: Medien- und Kunstgeschichte des Citroën DS
EDITION IMORDE
174 S. m. 71 überw. farbigen Abb., 13 x 20 cm, Broschur
ISBN 978-3-942810-42-5

Weitere Informationen:
Gebr. Mann Verlag
http://www.reimer-mann-verlag.de/mann/index.php

 
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