Zukunftsmodell Betonrecycling: Unser Titelbild zeigt den durch Studierende der Hochschule München errichteten Pavillon aus Recyclingbeton auf dem Gelände der Münchener Bayernkaserne (Foto: Johanna Weber)

Ein knappes halbes Jahrhundert ist es her, dass erstmals wirklich ernsthaft öffentlich über die Tatsache nachgedacht wurde, dass unser endliches „Raumschiff Erde“ keine unendliche Steigerung des Ressourcen- und Naturverbrauchs zulässt. Zunächst wurden die Warnungen vor den Grenzen des Wachstums weitgehend als Unfug abgetan. Trotzdem begann in den 1970er-Jahren der Fortschrittsglaube der Nachkriegszeit unaufhaltsam zu schwinden. Auch Beton verlor damals seinen Glanz. Das Gemisch aus Sand, Zement und Wasser stand plötzlich statt für Modernität und Wohlstandsversprechen für verstörende Bausünden wie anonyme Wohnsilos, abgerissene und durch banale Hochhäuser ersetzte Altbauviertel und insgesamt triste Stadtlandschaften, aus denen man, wenn man konnte, wegzog.

Betonrecycling hilft gegen Rohstoffverknappung und Klimarisiken

Der Beton-Lobby blieben die wachsenden Imageprobleme selbstverständlich nicht verborgen. In Form einer PR-Kampagne versuchte man gegenzusteuern. Der zugehörige Claim war im Grunde genial. Er lautete: „Es kommt darauf an, was man daraus macht.“ Allerdings wäre es Zeit für ein Update. Angesichts der Meeressand-Verknappung infolge des weltweiten Baubooms ist die spannendere Frage heute die, woraus man Beton macht. Unsere Schwesterpublikation hat bereits darüber berichtet, was Meeressand für die Beton- und Bauindustrie so wertvoll macht – und über Möglichkeiten, auf Wüstensand auszuweichen. Hier nun wollen wir auf Recyclingbeton beziehungsweise Betonrecycling als einen weiteren Ausweg zu sprechen kommen, der mit Rohstoffmangel und Klimarisiken gleich zwei drängende Menschheitsprobleme adressiert.


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Die Idee vom Betonrecycling ist so naheliegend, dass es sich zumindest für Laien kaum nachvollziehen lässt, warum neuer Beton nicht immer schon aus bei Abrissarbeiten frei werdendem Material hergestellt wird. Leider ist die Sache mit dem Betonrecycling nicht so einfach wie etwa das Spiel mit Klemmbausteinen, die sich beliebig auseinandernehmen und wieder neu zusammensetzen lassen. Um daraus Recyclingbeton mit einer normgerechten Mindestmenge von 25 Masseprozent Abbruchgranulat zu produzieren, muss Abbruchmaterial nämlich erst zerkleinert werden. Von den Bestandteilen des gewonnenen Granulats und der Verteilung der Korngrößen hängt es ab, ob die anschließende Qualität des Recyclingbetons für anspruchsvolle Hochbauten oder lediglich für den Straßenbau oder zum Verfüllen ausreicht.


 
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Bauträger müssen noch vom Recyclingbeton überzeugt werden

Bislang zahlt die Bauindustrie massiv auf das Konto der globalen Abfallproduktion ein. Der auf Deponien verbrachte Bauschutt macht knapp die Hälfte aus. Ungefähr genauso hoch ist der Anteil bei den CO2-Emissionen. Der für die Betonherstellung unverzichtbare Zement gilt als veritabler Klimakiller. Nicht zu vergessen die Belastungen durch den Transport. Dass laut Kreislaufwirtschaftsgesetz recycelte Materialien eigentlich zu präferieren sind, ändert daran wenig. So lange verbindliche Vorgaben fehlen, die außerdem kontrolliert werden, hilft nur Überzeugungsarbeit. Bauträger und Architektur-Verantwortliche müssen Recyclingbeton als gleichwertige (und kaum teurere) Alternative akzeptieren.

Sehr zu begrüßen sind in dieser Hinsicht Leuchtturmprojekte wie das Betonrecycling auf dem Gelände der Münchener Bayernkaserne. Der Bauschutt aus dem Abriss der alten Gebäude liefert den Grundstoff für 200.000 Tonnen Recyclingbeton. Aus diesem sollen die künftigen Neubauten zum großen Teil entstehen. Ein europaweit beispielhaftes Projekt. Weil das Recycling vor Ort stattfindet, können zudem große Energiemengen eingespart werden, die ansonsten der Transport verschlingen würde. Welche Gestaltungsmöglichkeiten der Recyclingbeton bietet, soll ein Pavillon demonstrieren, den Architektur- und Bauingenieurstudierende der Hochschule München mit 100 Prozent rezyklierter Gesteinskörnung gebaut haben.

Weitere Informationen:
Hochschule München
www.hm.edu

Bildhinweis:
Betonrecycling am praktischen Beispiel: Das Titelbild zeigt den durch Studierende der Hochschule München errichteten Recyclingbeton-Pavillon auf dem Gelände der Münchener Bayernkaserne. (Foto: Johanna Weber)

 
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