Als Anne Boysen für Georg Jensen ihren neuen Wandschmuck Intoo entwarf, nahm sie als Ausgangspunkt einen Löffel. Keine schlechte Idee, wo doch das älteste ausschließliche Esswerkzeug die schöpfende Hand nachahmt. Das schöpferische Produkt, welches hierbei herauskam, wollen wir im Folgenden genauer betrachten.
Mit Wandschmuck beschäftigen wir uns heute nicht zum ersten und sicher nicht zum letzten Mal. So lange es Menschen gibt, die nicht auf kahle (weiße) Wände starren möchten, bleibt das Thema spannend. Umgekehrt kann es natürlich durchaus reizvoll sein, sich mit Beispielen eines auf die Spitze getriebenen Minimalismus zu befassen. An entsprechenden Sammlungen leerer, steriler Räume herrscht im Internet kein Mangel. Aber auf Dauer? Reizdeprivation als maßgebendes Einrichtungsprinzip für die eigene Wohnstätte? Ernsthaft?!
Aussöhnung von Minimalismus und Opulenz
Interessanterweise ist INTOO von Anne Boysen ein Wandschmuck, der quasi beide Welten – Minimalismus und Opulenz – miteinander verbindet, ja aussöhnt. Vergleichbares findet sich selten. Uns – und somit vielleicht auch Ihnen – ist allerdings ein Beispiel bereits in Form des Türdrückers Griffwerk One begegnet. Bei INTOO fällt indes der Funktionsaspekt weg. Hier geht es allein um Ästhetik, was die zugrunde liegende gestalterische Leistung nicht schmälern soll.
Anne Boysen begann, nachdem sie von Georg Jensen zur Zusammenarbeit eingeladen wurde, ihre Ideenfindungsphase in den Archiven der traditionsreichen, vor 120 Jahren entstandenen Marke. Die preisgekrönte dänische Architektin und Designerin erinnert sich: „Georg Jensen hat ein Designerbe mit wunderschönem, handgefertigtem Schmuck und üppigen Silberarbeiten – daher war mein Gedanke: Was wäre, wenn ich etwas kreiere, das so schön ist wie ein Schmuckstück und so groß wie Silberwaren und es an die Wand hänge?“
INTOO verwirbelt Innen- und Außenseite
Ganz besonders inspiriert war Boysen vom Wirbel der Möbius-Brosche von Vivianna Torun Bülow-Hübe und dem Löffel Caravel von Henning Koppel mit seiner Stromlinienform und den auffälligen Reflexionen der großen, runden Oberflächen. Boysen verschmolz die konkaven und konvexen Formen des Löffels in einem Kunstwerk aus Silber, das nicht in der Besteckschublade verschwindet, sondern Wände und Räume in ungekannter Weise ziert.
Es ist bemerkenswert, wie es Boysen mit INTOO gelang, die Geometrie des Möbiusbandes durch die Fusion mit jener des Löffels dergestalt neu zu interpretieren, dass die prinzipbedingte Ununterscheidbarkeit von Vorder- und Rückseite überwunden wird. Teil des speziellen Reizes der 530 Millimeter breiten, 330 Millimeter hohen und 76 Millimeter tiefen Wandskulptur ist der sich hieraus ergebende Kontrast zwischen spiegelglatter Oberfläche auf der einen und Mattheit – vermittelt über die Werkspuren des Hämmerns des Silbers von Hand – auf der anderen Seite. Eine Art von dreidimensionalem Yin und Yang, wenn man so will.
Weitere Informationen:
GEORG JENSEN A/S
www.georgjensen.com
Bildhinweis:
Für alle Fotos gilt: © Georg Jensen