Fonts wie die Helvetica sind heute weltbekannt. Wer aber kennt den Pionier des Swiss Style, Ernst Keller? Die erste umfassende Monografie soll das ändern.

Klarheit, Lesbarkeit und Objektivität: die Werte und gestalterischen Prinzipien, für die der weltweit bewunderte Swiss Style steht, prägten nicht nur einige der berühmtesten Schriftarten wie die später in Helvetica umbenannte Neue Haas Grotesk; sie inspirierten vom Grafikdesign bis zur Architektur alle Formen der Gestaltung und zählen zu den bedeutendsten Beiträgen zur Entwicklung dessen, was wir heute als Moderne begreifen.

Geringer ist hingegen der Bekanntheitsgrad des Mannes, den man oft als Vater des Swiss Style bezeichnet hat: Ernst Keller. 1891 im schweizerischen Aarau geboren, absolvierte Keller zunächst eine Ausbildung als Lithograf und Zeichner, arbeitete dann bis 1914 in Leipzig und kam 1918 an die berühmte Kunstgewerbeschule in Zürich. Dort wurde er durch die Tätigkeit als Lehrer, die im Jahre 1956 mit seiner Pensionierung endete, zum wichtigsten Einflussgeber für die Entstehung des Swiss Style.

Gegen jede Dogmatik

Gut zur Beschreibung von Ernst Kellers Lehre geeignet sind die Begriffe Nachhaltigkeit und Offenheit. So lehnte Keller jede Form von Dogmatik ab und vermittelte seinen Studenten weniger einen spezifischen Stil als vielmehr eine philosophische Anschauung, die für die Beantwortung gestalterischer Fragen in ihrem Inhalt und Wesen selbst nach der jeweils angemessenen Lösung suchte – und stets in einer bis in die Gegenwart nachwirkenden Weise fand.

Das von Keller in Zürich entwickelte Ausbildungsprogramm für Grafikdesign kann als einer der ersten systematischen Ansätze definiert werden. Den Kern dessen präsentierte erstmals ein Buch seines Schülers Josef Müller-Brockmann, das auch Kellers bahnbrechende Gestaltungsraster behandelte.

Die visuelle Umwelt bereichern

Von Kellers Leistungen die vielleicht herausragendste ist das erfolgreiche Vermitteln seiner festen Überzeugung, wonach gestalterische Arbeit die visuelle Umwelt unmittelbar zu bereichern habe. Das berücksichtigend fällt es leichter nachzuvollziehen, wie der von ihm begründete Swiss Style eine Art Qualitätssiegel mit Weltgeltung wurde.

In der Wahrnehmung Ernst Kellers wird leider heutzutage allgemein nur der Teilbereich der Plakatgestaltung gewürdigt. Die weiteren Arbeiten wie Erscheinungsbilder, Logos, Buch- und Magazingestaltung oder seine intensive Auseinandersetzung mit Schrift und Architektur spielen in der öffentlichen Wahrnehmung kaum eine Rolle. Erfreulicherweise bietet der Triest Verlag nun mit der ersten umfassenden Monografie über Ernst Keller eine vortreffliche Grundlage, um das zu ändern.

Annäherung an den Pionier des Swiss Style

Gleich drei renommierte Autoren teilten sich die Aufgabe der Annäherung an den großen Lehrer und Design-Pionier: Peter Vetter, unter anderem als Designer sowie als Senior Lecturer und Researcher an der Zürcher Hochschule der Künste tätig, Katharina Leuenberger – sie hat mit Vetter verschiedene Publikationen erarbeitet –, und Meike Eckstein, die Design studiert hat und sich seit 2005 selbstständig mit Ausstellungsdesign und Designforschung befasst.

Gemeinsam zeichnen sie den Weg und die Wirkung Ernst Kellers nach, aus dessen intensiver Lehrtätigkeit sehr unterschiedliche Gestalter hervorgegangen sind: Protagonisten der neuen Grafik wie Richard Paul Lohse, Josef Müller-Brockmann und Carlo Vivarelli oder illustrativ-künstlerische Talente wie Heiri Steiner, Lora Lamm oder K. Domenic Geissbühler sowie innovative Gestalter wie Hermann Eidenbenz oder Gérard Miedinger. Daneben wissenschaftliche Illustratoren wie H. P. Weber oder der Karikaturist H. U. Steger sowie Gestalter mit internationaler Lehrtätigkeit wie Pierre Gauchat, Walter Käch, Robert Sessler, Fred Troller u. a.

Peter Vetter, Katharina Leuenberger, Meike Eckstein
Kein Stil. Ernst Keller (1891–1968) – Lehrer und Pionier des Swiss Style
254 Seiten, 527 Abbildungen, Klappenbroschur
Deutsche Ausgabe: ISBN 978-3-03863-022-7
Englische Ausgabe: ISBN 978-3-03863-023-4
Triest Verlag, Zürich

Weitere Informationen:
Triest Verlag GmbH
www.triest-verlag.ch

 
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