Die Dimensionen sind für ein touristisches Projekt riesig: The Red Sea umfasst einen aus über 90 Inseln bestehenden Archipel, weitläufige Wüstendünen, ruhende Vulkane und historisch und kulturell interessante Stätten. Foto: © Red Sea Global

In der offiziellen Beschreibung von „The Red Sea“ liest man von einem „touristischen Megaprojekt“, das auf einem unberührten Gebiet im Norden Saudi-Arabiens am Ufer des Roten Meers entsteht. Dessen Fläche beträgt 28.000 Quadratkilometer. Zum Vergleich: München „quetscht“ sich auf knapp 311 Quadratkilometer. Assoziationen mit Umweltzerstörung aus Profitstreben liegen da im ersten Moment näher als die Vorstellung, dass es sich hierbei, wie es heißt, um das „wohl nachhaltigste Tourismusprojekt der Welt“ handeln könnte. Der Grund sind vielleicht die Erfahrungen mit Bauprogrammen auf der gegenüberliegenden Seite der Arabischen Halbinsel, die im Persischen Golf vor Dubai mit gigantischem Aufwand künstliche Inseln entstehen ließen. Und in Saudi-Arabien soll diesmal alles anders sein?

The Red Sea verspricht neue Maßstäbe in der nachhaltigen Entwicklung

Die Dimensionen sind für ein touristisches Projekt tatsächlich gewaltig: The Red Sea umfasst einen aus über 90 Inseln bestehenden Archipel, weitläufige Wüstendünen, ruhende Vulkane und historisch und kulturell interessante Stätten. 75 Prozent der Inseln sollen unbebaut bleiben, neun hat man als Naturschutzgebiete ausgewiesen. The Red Sea soll vollständig mit erneuerbaren Energien betrieben und dadurch zum größten netzunabhängigen Reiseziel der Welt werden. Nicht nur die Kohlendioxidemissionen, sogar die Müllproduktion sowie die Licht-, Lärm- und Gewässerbelastungen will man auf einem Niveau halten, welches für Meeresschutzgebiete gilt. Einwegplastik soll tabu sein und Abfälle nicht auf Deponien landen („Zero Waste-to-Landfill“).

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„Unser Ziel ist es, neue internationale Standards und Best Practices im Bereich des regenerativen Tourismus und der nachhaltigen Entwicklung zu setzen“, erklärt Loredana Pettinati, Senior Travel Trade Director von Red Sea Global. „Wir stellen den Schutz der Natur in den Vordergrund von allem, was wir tun. Wir haben uns bewusst dazu entschieden, die Zahl der jährlichen Besucher auf eine Million zu begrenzen, damit das Ökosystem und die wunderbare Landschaft erhalten bleiben. The Red Sea wird Saudi-Arabien als führendes Land im Bereich des nachhaltigen Tourismus etablieren“, so Pettinati weiter.

Neue Maßstäbe für Luxusreisen

The Red Sea richtet sich gleichermaßen an Naturliebhaber, Kulturinteressierte und Wellness-Suchende. Insgesamt 50 Hotels führender Marken laden nach Fertigstellung ab 2023 dazu ein, Meer und Wüste zu erleben und die Geschichte der Region zu erkunden. Das ganzjährige Reiseziel bietet durchschnittlich 360 Sonnentage. Weniger „monoton“ sind indes die Übernachtungsmöglichkeiten. Wer möchte, bucht eine private Villa im Meer oder ein luxuriöses Hotel inmitten der Wüste. „Die Vielfalt der Inseln sowie die hohe Qualität der Unterkünfte und der Services werden neue Maßstäbe für Luxusreisen setzen und Saudi-Arabien auf der globalen Tourismuskarte positionieren“, ist sich Loredana Pettinati sicher. Hierzu beitragen wird außerdem AMAALA, eine luxuriöse Wellness- und Kulturdestination angrenzend an The Red Sea, die vom selben Projektentwickler stammt. Gäste werden hier unter anderem maßgeschneiderte Programme für Fitness und Ernährung sowie für Beauty und Körperpflege vorfinden.

Faszination Wüste erleben – quasi auf den Spuren von Lawrence von Arabien. Auch das wird möglich sein im The Red Sea.

Leicht erreichbar wird The Red Sea dank eines eigenen, derzeit im Bau befindlichen Flughafens. Die Sache hat somit also doch einen Haken. Und zusätzlich zu all dem Kerosin, das künftig verbrannt wird, noch einen zweiten: Der ökologische Fußabdruck der Baubranche darf ebenfalls nicht unberücksichtigt bleiben. Zudem wächst das für die Infrastruktur und die Ausstattung und Inneneinrichtung der vielen Hotels Benötigte freilich nicht auf Bäumen. Als unabhängiges Journal für Architektur, Design und Nachhaltigkeit genießen wir gegenüber den vielen unkritischen Vermarktungsseiten oder von kaschierter Werbung lebenden Medien natürlich den unschätzbaren Vorteil, die gesamte Angelegenheit differenziert statt durch die berühmte rosarote Brille betrachten zu können.

Lösungen für eine kleiner werdende Welt

Bedenken gegenüber dem Gastgeberland werden für manche ein weiterer Grund sein für eine kritische Haltung. Wer hier konsequent sein will, für den wird die Welt sehr, sehr klein. Ebenso das Warenangebot und der volkswirtschaftliche Wohlstand, wenn man auf Rohstoffe oder Vorprodukte verzichtet, die aus Ländern stammen, die unseren Vorstellungen von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit nicht komplett entsprechen. Welche Konsequenzen daraus abzuleiten sind, ist ein eigenes spannendes Thema.

Klar sein muss, dass wir uns als Menschheit – anders als die künftigen Gäste von The Red Sea – nicht ausruhen dürfen. Insbesondere nachdem die Weltbevölkerung eben erst die Grenze von acht Milliarden überschritten hat. Insofern ist die Nachhaltigkeitsstrategie für den Betrieb von The Red Sea durchaus interessant. Wie Millionen Deutsche aktuell mit Blick auf ihre Gas- und Stromrechnungen als Folge der desaströsen Energiepolitik der letzten beiden Jahrzehnten feststellen müssen, haben wir erheblichen Nachholbedarf in Sachen Nachhaltigkeit. Aber wie war das noch gleich mit dem Fingerzeig auf andere? Zeigen nicht stets drei Finger auf einen selbst zurück?

Weitere Informationen:
Red Sea Global
www.redseaglobal.com/en

Bildhinweis:
Für alle Fotos gilt: © Red Sea Global

 
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