Trockenheit und Hitze nehmen scheinbar weltweit zu. Vielerorts findet eine Niederschlagsmessung aber gar nicht statt. Ein neues Verfahren könnte das ändern.

Die geringen Niederschlagsmengen des vergangenen Frühjahrs und Sommers sorgten hierzulande für Verunsicherung. „Ist das schon der Klimawandel?“, war eine in den Medien oft gestellte Frage, die natürlich geflissentlich übersah, dass dieser erstens immer und zweitens überall stattfindet. Tatsächlich gab es aber für viele erstmals Grund zu der Annahme, dass sich die negativen Folgen eines durch den Menschen verursachten, raschen Anstiegs der globalen Durchschnittstemperatur sehr viel schneller als erwartet auch in unseren Breitengraden bemerkbar machen könnten.

Genaue Niederschlagsmessung fehlt vielerorts

Insbesondere unsere Landwirtschaft und unsere Wälder erweisen sich als äußerst verwundbar. Nicht jedoch deshalb, weil die Natur unfähig wäre, sich auf die geänderten Bedingungen einzustellen, sondern wegen der fabrikmäßigen Monokultur, der es an jedweder Nachhaltigkeit mangelt. Ohne die Folgen im Blick zu haben, zielt sie ausschließlich auf maximalen Output bei geringstmöglichem Aufwand und Kosten.

Angesichts des dramatischen Wachstums der Weltbevölkerung wird sich daran vermutlich kurz- bis mittelfristig wenig ändern. Um die Zunahme von Hungersnöten zu vermeiden, kommt es allerdings darauf an, Pflanzen zu züchten, die größere Hitze vertragen und deutlich weniger Wasser benötigen. Doch wie groß sind die Niederschlagsmengen eigentlich? Oft lässt sich das gar nicht präzise sagen, da eine flächendeckende Niederschlagsmessung in vielen Ländern der Erde aus Kostengründen fehlt. Diese wäre für den Katastrophenschutz ebenfalls wünschenswert, um beispielsweise die Hochwasserfrühwarnung zu verbessern.

Hoch aufgelöste Regenkarten ohne neue Infrastruktur

Abhilfe verspricht eine verblüffende Methode, die durch Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Universität Augsburg entwickelt wurde. Sie nutzt eine physikalische Eigenschaft des Regens, welche den Betreibern von Mobilfunknetzen seit eh und je Kopfzerbrechen bereitet: die niederschlagsbedingte Abschwächung der Funkverbindung. Für die Niederschlagsmessung hingegen ist sie ein Glücksfall. „Wenn ein Mobilfunknetz vorhanden ist, brauchen wir weder eine neue Infrastruktur noch zusätzliches Bodenpersonal“, so Professor Harald Kunstmann vom KIT.

Das auf der Interaktion zwischen Wettergeschehen und Technik beruhende Verfahren, das zu zeitlich hoch aufgelösten Regenkarten führt, hat den Praxistest bestanden. „Beim Vergleich mit den Messwerten des Deutschen Wetterdienstes zeigt sich, dass wir eine hohe Übereinstimmung erzielt haben“, erklärt Maximilian Graf aus dem Forscherteam.

Verbesserte Genauigkeit dank künstlicher Intelligenz (KI)

Im Detail nutzt man eine Frequenz von 15 bis 40 Gigahertz. Diese Wellenlänge entspricht der typischen Größe von Regentropfen. „Wir haben ein Jahr lang jede Minute die aktuelle Abschwächung von 4000 Richtfunkstrecken gemessen. Der daraus entstandene Datensatz ist aufgrund seiner Auflösung und Größe weltweit einzigartig”, kommentiert Dr. Christian Chwala, Koordinator der Forschungsarbeiten an der Universität Augsburg. Um das Regensignal aus den verrauschten Messwerten herauszufiltern, kam neben klassischer Datenanalyse zusätzlich künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz.

In Deutschland, wo aktuell mehrere Projekte laufen, funktioniert die neue Art der Niederschlagsmessung vor allem im Frühjahr, Sommer und Herbst, da Graupel und Schneeregen im Gegensatz zu Regen eine überdurchschnittliche Abschwächung verursachen und man Schnee überhaupt nicht messen kann. Einsätze sind unter anderem im westafrikanischen Burkina Faso geplant. Hier, in einer Region ohne nennenswerte Niederschlagsmessung, ist das Verfahren ganz besonders nutzbringend.

Originalpublikationen:

Graf, M., Chwala, C., Polz, J., and Kunstmann, H. (2020): Rainfall estimation from a German-wide commercial microwave link network: optimized processing and validation for 1 year of data. Hydrology and Earth System Sciences, 24, 2931–2950, https://doi.org/10.5194/hess-24-2931-2020

Polz, J., Chwala, C., Graf, M., & Kunstmann, H. (2020): Rain event detection in commercial microwave link attenuation data using convolutional neural networks. Atmospheric Measurement Techniques, 13, 3835–3853, https://doi.org/10.5194/amt-13-3835-2020  

Weitere Informationen:
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
www.klima-umwelt.kit.edu